Wer schon in den 70er- oder 80er-Jahren zur Bundesliga gegangen ist, wird nostalgisch angerührt gewesen sein an diesem Wochenende: Ein Traum, die Stadien am 1. Spieltag der Saison 2020/21. So viel Platz wie früher, als die Schickimickis mit dem Proletensport Fußball nichts zu tun haben wollten, und als nur die kamen, die ihn aufrichtig liebten. Damals war es sogar so, dass man zur Halbzeit die Kurve wechseln konnte, um auch ja immer den Torerfolgen der eigenen Mannschaft nahe sein zu können.
So war es am Samstag und Sonntag aber natürlich nur vordergründig. Rein kam man nur mit Reservierung, viele Bereiche blieben gesperrt, der Platz, den man belegte, war klar zugewiesen. Von wegen also zur Pause einmal halb herumlaufen. Trotzdem: Es war – und nun berichten wir von unserer Fernseherfahrung – ein angenehmer Eindruck, den die Bundesliga hinterließ. Wahrscheinlich war das Soundengineering auch ganz gut, es klang, als wären die Arenen ordentlich gefüllt (was sie nicht waren). Vor allem aber: Das Auge des Betrachters wurde verschont von trostlosen Sitzschalenlandschaften. In Dortmund versuchte sich das Publikum sogar selbstironisch an einer Welle.
Wenn man nichts hatte, ist man mit wenig zufrieden. Und deshalb sollte man auch nicht zu sehr abfeiern, dass an den meisten Standorten Fußball vor limitierter Zuschauerschaft möglich war. Die aktiven Fanszenen haben sich mehrheitlich dagegen entschieden, wieder zum Fußball zu gehen. Ihr Ansatz ist konsequent: Sie wollen das komplette Erlebnis – und das fehlt, solange sie im Block nicht die Nähe zueinander leben können.
Wer diese Einstellung als albern und als Selbstüberhöhung der Fans tadelt, der möge die Bilder aus München vom Freitagabend abrufen: Zehn Funktionäre des FC Bayern, sitzend zwar, doch ohne Abstand, Knie an Knie. Die Vorstands-Ultras, mehrheitlich risikogruppenzugehörig, sämtliche Vorgaben der DFL missachtend. Die normalen Besucher in den anderen Stadien waren dann doch gesetzestreuer und vernünftiger.
Guenter.Klein@ovb.net