So ein Eishockey-Helm hat seine Vorteile – erst recht für einen Charakter wie Leon Draisaitl. Schlendert der eher zurückhaltende Eishockey-Profi in den spielfreien Monaten durch deutsche Städte, kann er seine Heimat genießen, ohne dass ihn Fans jeden Meter zum Selfie bitten. Zwar ist sein Name den meisten Sportfans ein Begriff, das Gesicht hat sich allerdings noch nicht in den Köpfen eingeprägt. Der Helmpflicht auf dem Eis sei Dank.
Ein Luxus, von dem er in den USA und besonders in Kanada meilenweit entfernt ist. Erst recht nachdem er zum wertvollsten Spieler der NHL (MVP – Most Valuable Player) gewählt wurde. Sowohl von den nordamerikanischen Fachjournalisten als auch von seinen Spielerkollegen. Als erster Deutscher. Er ist derzeit der beste Eishockey-Spieler der Welt. Leon, der Superstar.
Schon seit Jahren jagt der gebürtige Kölner in der stärksten Eishockeyliga der Welt von Rekord zu Rekord. Und mit jeder neuen Bestmarke erklingt hierzulande der Ruf nach mehr Anerkennung für den 24-Jährigen. Zu Recht. Aber sein Schattendasein hat auch seine Gründe. Dass man mit seinem Namen kein Gesicht verbindet, ist nur einer. Entscheidender ist die schwierige NHL-Präsenz im deutschen Fernsehen. Nur auf den hinteren Plätzen der Fernbedienung findet man Draisaitl und seine Edmonton Oilers. So erreicht man nur diejenigen, die ohnehin schon vom Eishockey-Virus befallen sind. Wie es besser geht, hat der American Football in den letzten Jahren vorgemacht.
American Football wurde jahrelang für den deutschen TV-Fan als unvermittelbar bezeichnet. Bis er clever inszeniert ins frei empfangbare Programm platziert wurde. Eine Erfolgsgeschichte. Und das in einem Sport, der kulturell in Deutschland keineswegs verwurzelt ist. Im Gegensatz zum Eishockey. Inzwischen sind deutsche NFL-Protagonisten gefragte Werbeträger. Aber von ihrer sportlichen Bedeutung reichen sie nicht annähernd an Leon Draisaitl heran.
Stellen wir uns einmal vor: Draisaitl würde nicht dem Puck, sondern dem braunen Leder-Ei hinterher jagen. Ein Deutscher als wertvollster Spieler in der NFL! Sondersendungen, Rathausempfänge, Menschenaufläufe – all das würde auf den Athleten wohl einprasseln.
Mit ungestörten Spaziergängen wäre es mit Sicherheit vorbei. Selbst in Deutschland.
Daniel.Mueksch@ovb.net