Frankfurt/Main – Der Sommermärchen-Skandal endlich vor der Aufklärung, das große Geld zurück zur Basis, die Rückkehr ins Machtzentrum des Weltfußballs: Fritz Keller hat pünktlich zu seinem einjährigen Dienstjubiläum als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) eine ganze Reihe an „frohen Botschaften“ verkündet – trotz der anhaltenden Corona-Krise. Vor allem die Fortschritte bei der Affäre um die Vergabe der WM 2006 nach Deutschland kommen überraschend – und setzen die Beteiligten unter Druck.
„Wir haben einige neue Erkenntnisse, und ich bin zuversichtlich, dass wir uns zum gegebenen Zeitpunkt dazu auch äußern können“, sagte Keller: „Deshalb ist es jetzt an der Zeit, dass alle Beteiligten von sich aus die Karten auf den Tisch legen. Das wäre mir am liebsten. Salami-Taktik bringt nichts.“ Laut Keller „sollten nun auch die letzten Geheimniskrämer mit der Wahrheit rausrücken“.
Offengelegt hat Keller seine Pläne für den DFB hinsichtlich einer Rückkehr ins FIFA-Council. Er selbst will nicht in das Gremium einziehen. „Ich bin mit der Idee angetreten, die Verantwortung auf verschiedene Schultern zu verteilen und im Team zu arbeiten. Einen Verband kann man nicht mehr nach Gutsherrenart führen“, sagte der 63-Jährige: „Zudem ist es für die Meinungsbildung und einen kritischen Ansatz manchmal besser, nicht Teil einer Gruppe zu sein.“
Der DFB hat derzeit keinen Sitz im FIFA-Council. Erst beim Kongress der UEFA im kommenden Jahr könnte ein Vertreter des größten Einzelsportverbands der Welt in das Gremium entsandt werden. Internationalen Gesprächsbedarf sieht Keller beim Blick auf die Milliarden-Summen, die im Fußball fließen. „Der Fußball darf keine Geldwaschmaschine sein, wie es in bestimmten Ländern der Fall sein könnte. Ich habe keine fertigen Lösungen parat, aber wir haben das bei den internationalen Verbänden und der Politik angesprochen und entsprechende Impulse gesetzt, um gemeinsam welche zu finden“, sagte der DFB-Boss: „Das Geld muss wieder an die Basis – und nicht in die Hände von Beratern und anderen, die es abzweigen.“ Auch national wirft der Kampf um die Kohle bereits seine Schatten voraus. Wenn sich die 36 Proficlubs bis zum Jahresende über eine Verteilung der künftigen Mediengelder geeinigt haben, muss der bis 2023 laufende Grundlagenvertrag zwischen dem DFB und der Deutschen Fußball Liga (DFL) neu verhandelt werden.
Schließlich muss der Profifußball eigentlich drei Prozent seiner Einnahmen an den DFB abgeben. 2013 wurden diese Einnahmen pro Jahr aber auf höchstens 866 Millionen Euro und die Abgaben der DFL auf 26 Millionen Euro festgelegt. Im Gegenzug bezahlt der DFB 20 Millionen Euro pro Jahr als Beteiligung an den Vermarktungseinnahmen der Nationalmannschaft. Da die gedeckelte Summe auf der Einnahmeseite der Profis nichts mehr mit der Realität zu tun hat, wollen viele Amateurvertreter mehr Geld sehen.
Keller hat bereits angedeutet, wo die Mittel ankommen sollen. „Grundsätzlich gilt, dass auch der große Fußball damit beginnt, dass Kinder auf dem Dorf kicken. Also müssen diejenigen, die ausbilden, auch belohnt werden“, sagte der frühere Clubchef des SC Freiburg: „Es gibt nur einen Fußball in seiner Gesamtheit. Natürlich gehört auch mal eine Diskussion dazu. Es darf am Ende aber nur einen Sieger geben – den Fußball.“ sid