Paris – Alexander Zverev hatte eigentlich Glück. Sein French-Open-Erstrundenspiel am Sonntagabend gegen den Österreicher Dennis Novak (7:5, 6:2, 6:4) fand auf dem Court Philippe Chatrier statt, dem einzigen Platz in Paris, der über ein Dach verfügt. Die zehn Grad Außentemperatur, der Nieselregen und die 50 km/h starken Windböen hätten ihm egal sein können – wenn die Turnierveranstalter das Dach nicht erst kurz vor Ende der Partie und nach einigen Diskussionen geschlossen hätten.
So konstatierte der 23-Jährige: „Es gibt schönere Bedingungen, Tennis zu spielen. Im September und Oktober in Paris draußen zu spielen, da muss das Wetter mitmachen.“
Normalerweise findet der Sandplatz-Grand-Slam im Mai und Juni statt. Pro Tag strömen bis zu 40 000 Fans auf den Bois de Boulogne. In diesem Jahr sind coronabedingt nur 1000 Zuschauer erlaubt, und es ist ungewöhnlich frisch. „Wenn du bei acht Grad spielst, ist es ziemlich hart“, sagte Viktoria Asarenka nach ihrem Auftaktsieg in Leggins und Trainingsjacke. Anna-Lena Friedsam haderte nach ihrer 2:6, 6:2, 3:6-Niederlage gegen Alexandra Sasnowitsch: „Ich kann mich kaum erinnern, dass es mal so war im Laufe meiner Karriere.“
Für Eurosport-Experte Boris Becker gleicht die Szenerie einem „sportlichen Kulturschock“. Über das offene Dach bei Zverev schimpfte er: „Wir sind doch hier nicht bei den Bezirksmeisterschaften.“
Novak Djokovic steht das erste Match, heute gegen den Schweden Mikael Ymer, noch bevor. „Es ist sehr kalt, die Bedingungen sind ganz anders“, sagte der topgesetzte Serbe auf seiner Pressekonferenz, die ein kurioses und abruptes Ende fand. Gerade als ein Journalist eine Frage stellen wollte, wurde die Runde nach nur knapp fünf Minuten von der Medienabteilung des Veranstalters für beendet erklärt. Djokovic verließ daraufhin verdutzt den Raum.
Zuvor hatte „Nole“, der durch seine Adria-Tour im Juni/Juli und einen positiven Test viel Kritik einstecken musste, seine Meinung über die Coronatests kundgetan. „Meiner Meinung nach sollten Spieler nach einem positiven Test 24 Stunden in Quarantäne gehen. Danach sollte es aber einen zweiten Test geben, um falsche positive Tests auszuschließen“, sagte der 33-Jährige. „Auch wenn die Thematik für alle kompliziert ist, wäre das fairer gegenüber den Spielern.“
In der Qualifikation gab es jedenfalls sechs positive Fälle. Um den Super-Gau zu vermeiden, hat Turnierdirektor und Ex-Spieler Guy Forget (55) eine noch kleinere „Blase“ entwickelt als in New York. Die 60 besten Spieler der Weltrangliste residieren in einem Hotel mit Blick auf den Eiffelturm, alle weiteren Starter in einem zweiten. Djokovic dürfte immer unter dem Dach spielen, andere Spieler könnten an Regentagen lange warten müssen. Zumal es in Paris im fünften Satz keinen Tiebreak gibt. MATHIAS MÜLLER