Eigenwerbung mit allen Mitteln

von Redaktion

Baum, Grammozis, van Bommel? Während Schalke nach Wagner-Nachfolger sucht, rührt Neururer die Trommel

Gelsenkirchen – Als die Serienverlierer von Schalke 04 gestern trainierten, gab Fitnesscoach Werner Leuthard die Kommandos. Ein Nachfolger für den gefeuerten David Wagner war noch nicht gefunden. Startbereit war zu diesem Zeitpunkt nur ein Ehemaliger, der sich mit aller Vehemenz öffentlich um den Job bewarb: Peter Neururer.

Für seinen Ex-Club würde er „noch mal arbeiten“, sagte der 65-Jährige bei „Sport1“ und machte große Unterstützung in Fankreisen aus: „Bei mir steht das Telefon nicht mehr still, das Faxgerät ist überfüllt, und ich habe bis 1 Uhr rumtelefoniert. Sämtliche Schalke-Fanclubs melden sich bei mir.“ Dass das Vereinsmitglied nach seinem Engagement in der 2. Liga vor 30 Jahren aus der Rente auf den königsblauen Trainerstuhl zurückkehrt, war jedoch kein Thema bei der Schalker Aufsichtsratssitzung am Montag.

Da wurde über andere Namen gesprochen: Der ehemalige Augsburger Manuel Baum, derzeit U 18-Trainer beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), und der ehemalige Darmstädter Dimitrios Grammozis stehen auf der Kandidatenliste. Auch der Niederländer und Ex-Bayer Mark van Bommel soll dazu gehören.

Die Liste zeigt: Nach der Horrorserie von 18 Spielen ohne Sieg und dem schlechtesten Saisonstart eines Clubs in der 58-jährigen Bundesligageschichte ist die Auswahl nicht besonders groß und nicht gerade hochkarätig. Auch weil der Neue nicht viel kosten und in nächster Zeit keine kostspieligen Verstärkungen erwarten darf. Die Finanznöte des mit 200 Millionen Euro verschuldeten Traditionsclubs engen die Möglichkeiten für Sportvorstand Jochen Schneider extrem ein.

In diese schwierige Lage hat sich der Manager aber auch selbst bugsiert, weil er im Sommer an seinem Wunschtrainer Wagner festhielt, obwohl viele Schalker Funktionäre eine Trennung schon damals befürworteten. Auch ist es ihm – erschwert durch die Coronakrise – nicht gelungen, offenkundige Löcher im Kader zu stopfen und aussortierte und verliehene Spieler zu verkaufen.

Vor allem seine Treue zu Wagner wird Schneider nun vorgeworfen. „Es bleibt die Frage, ob man das nicht hätte kommen sehen können – um dann mit einem neuen Trainer in die Saison zu gehen“, sagte der Ex-Schalker Kevin Kuranyi dem „Sportbuzzer“: „Der Neue hätte eine komplette Vorbereitung gehabt und nicht die Hypothek dieses Horror-Saisonstarts.“

Schneider erkannte offenbar nicht, dass Wagner große Teile der vorwiegend von seinem Vorgänger Christian Heidel teuer und konzeptlos zusammengekaufte Mannschaft nicht mehr erreichte. Diese Mischung aus wechselwilligen Leih-Rückkehrern, sich selbst überschätzenden Durchschnittsspielern und enttäuschten Talenten, die kaum eine Chance bekamen, erwartet jetzt den neuen Trainer. Daraus ganz schnell eine schlagkräftige Einheit zu formen, die nicht widerstandslos von Pleite zu Pleite schleicht, ist dessen vordringlichste Aufgabe.

Schalke feuerte zwar seinen Trainer schneller als der FSV Mainz 05, der sich einen Tag später von Achim Beierlorzer trennte. Der zweite Krisenclub der Liga hatte aber zumindest in seinem bisherigen Co-Trainer Jan-Moritz Lichte schon am Montag „bis auf Weiteres“ einen Nachfolger parat. Auf Schalke wollte zu diesem Zeitpunkt nur Peter Neururer einspringen.  sid

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