München – Ein Blick zurück ins Jahr 2017 ruft eine Besonderheit des Supercups in Erinnerung: Der Modus besagt, dass es keine Verlängerung gibt. Steht es nach 90 Minuten Unentschieden, geht es ins Elfmeterschießen. Heißt für die Torhüter: Sie müssen sofort da sein. Und das machte Sven Ulreich beim bis dato letzten Sieg des FC Bayern gegen Borussia Dortmund in diesem Wettbewerb bestens.
Sechs Schützen des BVB traten gegen den eigentlichen Ersatzmann von Manuel Neuer an – nur vier trafen. Nachdem bereits Sebastian Rode gescheitert war, parierte Ulreich auch den entscheidenden Schuss von Marc Bartra. Der Jubel über den ersten Titel der Saison war groß, und die Geschichte hinter dem Spiel schnell geschrieben. Sie trug den Titel: Ulreich, der Elfmeterheld. Es sollte der Beginn der besten Saison werden, die er heute 32-Jährige in inzwischen fünf Jahren in München absolviert hat. Am Ende standen 47 Pflichtspiel-Einsätze, die Meisterschaft und die Teilnahme am Halbfinale der Champions League.
Heute sieht die Ausgangslage für den Schlussmann anders aus. Weil sich Manuel Neuer nach der Seuchen-Spielzeit 2017/18 inzwischen wieder bester Gesundheit erfreut und in den Augen vieler Experten besser hält denn je, bleibt für Ulreich nicht mehr als sein angestammter Platz als Nummer zwei. Immerhin, muss man sagen, denn weil in Alexander Nübel bekanntlich ein weiterer Herausforderer nach München gewechselt ist, musste der langjährige Neuer-Ersatzmann auch diese Position erst behaupten. Zwar beteuerte Hansi Flick nach der Partie in Hoffenheim – bei der Ulreich auf der Bank saß und Nübel nicht im Kader war –, dass diese Entscheidung nicht endgültig sei. Und auch wer heute Abend (20.30 Uhr) am Spielfeldrand dabei sein wird, will er kurzfristig entscheiden. Trotzdem darf man davon ausgehen, dass der Bayern-Trainer seinen Keeper auf der Bank nicht Woche für Woche austauschen wird. Alle Beteiligten wünschen sich Klarheit. Ulreich hat aktuell bessere Karten. Vorausgesetzt: Er bleibt.
Fünf Tage sind es noch, ehe das Transferfenster am 5. Oktober schließt. Und Ulreich wird seine Augen bis dahin offen halten. Ein Jahr steht der Ex-Stuttgarter noch beim FC Bayern unter Vertrag, eine Verlängerung ist ausgeschlossen, selbst wenn Nübel (wie gestern spekuliert) noch ausgeliehen wird. Sowohl der FC Bayern als auch der Schlussmann wissen, was sie aneinander haben, trotzdem klopfen beide Seiten seit Monaten ihre Möglichkeiten ab. Eine Ablöse für Ulreich lässt sich nur noch jetzt oder im Winter erzielen. 2021 wäre er dann zum Nulltarif zu haben.
Flick lobte Ulreich gestern überschwänglich. „Wenn du weißt, du hast einen Weltklasse-Torhüter vor dir und rufst trotzdem tagtäglich Topleistung ab, bist du ein Vorbild für die Kollegen“, sagte der Coach. Ulreich selbst hat stets zugegeben, über einen vorzeitigen Wechsel nachzudenken. Anfragen aus dem Ausland gab es ein paar, konkrete Angebote aber sind bisher ausgeblieben. Sein Management ist aktiv, weiß aber auch: Es gibt Schlimmeres, als den Vertrag in München auszusitzen. Im wahrsten Sinne des Wortes. hlr, jau