Keine DEL – es wäre „eine Katastrophe“

von Redaktion

Was die Eishockey-Nationalmannschaft plant

VON GÜNTER KLEIN

München/Füssen – Das deutsche Eishockey – es erlebt gerade einen Höhenrausch. Leon Draisaitl wurde in der NHL mit Preisen überhäuft und fand als somit derzeit weltbester Spieler Einlass ins ARD-Sportschau-Studio. Und die nächste Made-in-Germany-Geschichte steht bevor: Tim Stützle, 18, von den Adlern Mannheim, lädt „Familie und Mannschaftskameraden“ in der Nacht vom 6. auf 7. Oktober zur Draft-Party ein. Vermarktet wird das private Event von zwei Sendern (DAZN und MagentaSport). Stützle geht selbstbewusst in die diesmal virtuell stattfindende Talentziehung dernordamerikanischen Profiliga: „Mein Ziel ist es, so hoch wie oder noch höher als Leon gedraftet zu werden.“ Draisaitl war die Nummer drei.

Tim Stützle hat die vergangenen Tage in Füssen verbracht. Bundestrainer Toni Söderholm hält bis zum heutigen Mittwoch einen Lehrgang für eine Art U 24-Nationalmannschaft ab. Die älteren Spieler – oder wie Sportdirektor Stefan Schaidnagel sie nennt: die „klassischen Nationalspieler“ – hat er nicht eingeladen, „weil wir da schon die Belastungssteuerung im Auge behalten müssen“ (Schaidnagel). Denn wenn es losgeht im November mit dem Turnier der Nationalmannschaft (Deutschland-Cup in Krefeld), der Deutschen Eishockey-Liga (geplant: 13. 11.), mit Champions League, und wenn im Frühjahr die Playoffs und die WM (zieht sich bis in den Juni) folgen, bleibt keine Zeit mehr für Regeneration. Schaidnagel: „2022 haben wir Olympia. Man würde fast zwei Jahre durchspielen.“

Was aber, falls es keine DEL-Saison geben sollte? Zwar hat Stefan Schaidnagel die jüngsten Äußerungen aus der autonomen deutschen Profiliga dahingehend interpretiert, dass „sie einen Spielbetrieb welcher Art auch immer garantiert“, dennoch kann (die DEL trifft sich am Freitag zur nächsten Gesellschafterversammlung) auch die Entscheidung fallen, die Saison abzusagen, weil sie ohne Zuschauereinnahmen nicht finanzierbar wäre. „Kann ich mir nicht vorstellen, es ist eine Überlegung, die man nicht anstellen will“, meint Bundestrainer Söderholm, setzt sich dann aber doch damit auseinander: „Es wäre eine Katastrophe – für die Spieler und die Nationalmannschaft.“

Man sei ja ohnehin schon weit hinterher. In allen Ländern um Deutschland herum wird gespielt. „in der Weltstandsanalyse“, sagt Schaidnagel, „haben wir fünf, sechs Monate Rückstand. Die großen Nationen haben durchtrainiert,“ Söderholm: „Genau dieser Punkt stört mich.“

Das Szenario des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) für ein Jahr ohne Betrieb in der höchsten Liga wäre es, die Nationalspieler zu allen möglichen internationalen Rahmenterminen (November, Dezember, Februar) zusammenzurufen und die Vorbereitung auf die WM (in Lettland und Belarus – auch dazu gibt es Fragezeichen politischer Art) drei Wochen früher zu beginnen. Auf der Suche nach Testspielgegnern würde Schaidnagel „zuerst die Engländer anrufen“. Großbritannien hat seine Ligasaison bereits abgesagt.

Am Deutschland-Cup hält der DEB fest. Da könnte sogar – vorausgesetzt, man klärt die Versicherungsfrage – Superstar Draisaitl spielen. Also wieder Höhenrausch.

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