Supercup im Herbst

Letztes Aufbäumen der Triple-Beine

von Redaktion

HANNA RAIF

Normalerweise wäre jetzt Anfang August. Die Vorbereitung hätte Fahrt aufgenommen, die Nationalspieler kämen so langsam in Tritt. Aber der Zeitpunkt wäre noch zu früh, um aus dem Duell zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund weitreichende Schlüsse für die Saison zu ziehen. Ein paar Wochen wären es noch bis zum offiziellen Start, erst mal beim lockeren Erstrunden-Kick im DFB-Pokal, dann in der Liga. Der Sieger des nationalen Supercups würde sich freuen, der Verlierer ein wenig grämen. Zwei, drei Tage, dann wäre die Sache abgehakt. Tenor: Besseres Testspiel, Probe für den Ernstfall.

Heuer stellt sich die Lage bekanntlich anders dar. Dieser Supercup kommt nach dem Saisonstart daher, mitten in einer Phase, in der man eigentlich mit seinen Kräften haushalten müsste. Paradoxerweise findet er trotzdem fünf Tage vor Transferschluss statt, was die Sache noch etwas interessanter macht. Ein souveräner Sieg zum Beispiel würde dem FC Bayern aus vielerlei Hinsicht gut in den Kram passen. Auf einen Schlag wäre eine Mini-Herbst-Depression abgewendet, der nächste Titel auf dem Weg zum Sextuple eingefahren und dem BVB vor Augen geführt, wer die Nummer eins ist. Er würde gleichzeitig aber auch ein falsches Zeichen senden.

Es ist Blödsinn, Hansi Flick – wie in manchen Medien geschehen – zu unterstellen, die Niederlage in Hoffenheim mit übertriebener Rotation absichtlich herbeigeführt zu haben. Dennoch darf man davon ausgehen, dass er der Pleite etwas Positives abgewinnen konnte, nämlich: dass die Botschaft an die Chefetage angekommen ist. Dieser Kader ist zu klein, um einer perfekten Saison eine weitere dieser Art folgen zu lassen. 14 gestandene Profis sind in einer normalen Spielzeit schon zu wenig; in einer, die nun von DFL, DFB, FIFA und UEFA gestrickt wurde, schlichtweg ein Witz. Da können die Muckis noch so groß (Goretzka), das Essen noch so gesund (Lewandowski) und die Waden noch so erprobt (Müller) sein.

Keine Frage: Die Bayern wollen gegen den BVB gewinnen, zu diesem Zeitpunkt noch viel mehr als normalerweise Anfang August. Trotzdem sollte die Partie in der Kaderplanung ausgeblendet werden. Ein Sieg würde nicht bedeuten, dass dieses Team keine Verstärkung mehr braucht. Sondern eher, dass die Triple-Beine mal wieder an ihre Grenzen gehen mussten – und die letzten Körner auch bald verbraucht sind.

Hanna.Raif@ovb.net

Artikel 1 von 11