München – 9.35 Uhr war es gestern früh, als Bouna Sarr deutschen Boden unter den Füßen hatte. Flug „DIEMO“ aus Marseille, gelandet am Terminal „General Aviation“. Schwarze Trainingsjacke, weiße Maske, beste Laune beim neuen Bayern-Verteidiger. „Gut“ gehe es ihm, sagte der 28-Jährige, als er durch den Regen und begleitet von Bayern-Mitarbeiter Johannes Mösmang sowie Club-Kamera in Richtung des wartenden E-Audis marschierte. Ein guter Start in den letzten Tag des Transferfensters – an dem rund um die Säbener Straße noch viel passierte.
Gearbeitet wurde in diversen Abteilungen auf Hochtouren. Das war zu erwarten, denn sowohl Sarr als auch die beiden weiteren Last-Minute-Transfers Eric Maxim Choupo-Moting und Douglas Costa standen zwar so gut wie fest, mussten aber noch in trockene Tücher gebracht werden. Für Sarr, den Franzosen, der als Back-up für Benjamin Pavard rechts hinten eingeplant ist, ging es direkt vom Flughafen zum Medizincheck. Er allerdings war der einzige Neue, der am gestrigen Montag in München ankam. Choupo-Moting (Vertrag bis 2021/Rücken-Nr, 13) war bereits am Sonntag da, Rückkehrer Costa blieb in Turin. Im Umfeld von Juve, wo er bis 2022 unter Vertrag steht, soll der 30-Jährige unter Aufsicht von Bayern-Ärzten medizinisch durchgecheckt werden. Die Reise zum alten und neuen Arbeitgeber ist für heute oder morgen vorgesehen.
Es war ein irres Transferfinale, eines, wie man es beim FC Bayern noch nie erlebt hat. Schon am Sonntag, vor Anpfiff des 4:3 gegen Hertha, hatte Hasan Salihamidzic ein TV-Interview absagen müssen, weil er am Telefon festhing. Die Drähte zu Beratern, Vereinen und Bayern-Mitarbeitern glühten, man konnte allen Beteiligten ansehen, dass das Ende der 82 Tage langen XXL-Transferzeit herbeigesehnt wird. Allen voran Flick – der sich für sein öffentliches Lob von Wunschkandidat Callum Hudson-Odoi intern einen Rüffel eingeholt hatte – wirkte zunehmend genervt. Der 55-Jährige gab zu, um 18 Uhr „super happy“ zu sein: „Wir müssen und wollen wissen, wer dazu kommt.“ Die Ungewissheit zerrte an seinen Nerven.
Seine Forderungen waren lange klar – letztlich wurden sie erfüllt. Die offiziellen Mitteilungen sollten gestern nach und nach folgen, die letzte um 18:02 Uhr. Sarr erhält einen Vierjahresvertrag und kostete rund zehn Millionen Euro Ablöse – also etwas mehr als Mittelfeld-Mann Marc Roca, dessen Transfer bereits am Sonntag verkündet wurde. Für deutlich weniger – zum Nulltarif – kommt der Ex-Schalker, -Nürnberger, -HSVler und -Mainzer Choupo-Moting nach München. Man traut ihm zu, die Rolle einzunehmen, die es eigentlich nicht gibt. Die eines Ersatzmannes für Robert Lewandowski, der auf der Bank nicht jammert – und auf dem Platz im Fall der Fälle liefert.
Von deutlich mehr Nebengeräuschen ist da die Wiederkehr von Costa begleitet. Der Brasilianer, der 2015 mit Zirkus-Einlagen zum Einstand entzückte, es bis 2017 in München aber nicht schaffte, Franck Ribery oder Arjen Robben zu verdrängen, wird für ein Jahr aus Turin ausgeliehen. Eine Kaufoption gibt es nicht. Costa, bei Juve zweite Wahl, soll für Entlastung auf den Flügeln sorgen. Ein logischer Gedanke, aber ein Transfer mit Beigeschmack. Zur Erinnerung: Als Costa 2018 für 46 Mio. Euro zu Juve ging, sagte Uli Hoeneß: „Er hat nicht funktioniert, weil er ein Söldner war, der uns charakterlich nicht gefallen hat.“ Ob er sich entwickelt hat, ist zu beweisen.
Gelegenheit, das selbst zu erklären, wird Costa bei seiner Vorstellung haben. Davon stehen dieser Tage gleich vier Stück an. Die Arbeit bei Bayern geht also weiter. Aber Flick kann sich entspannen.