Bis Weihnachten Fußball satt

Der Irrsinn nimmt seinen Lauf

von Redaktion

HANNA RAIF

Der Irrsinn startete gestern Abend. Ursprünglich hatte der FC Bayern ja um eine Verschiebung des Pokal-Erstrunden-Spiels gebeten, weil der Termin Anfang September den ausgelaugten Triple-Siegern halt so gar nicht in den Kram passte. Nur: Der gestern war mindestens genauso ungünstig. Weniger als 48 Stunden vor der nächsten Partie, dem Bundesliga-„Topspiel“ in Bielefeld, gastierte der 1. FC Düren in der Allianz Arena. Sportlich keine große Nummer, aber darum ging es auch nicht. Vielmehr war der Kick vor Geisterkulisse der Startschuss für all das, was Spieler und Fans in den kommenden Wochen und Monaten erwartet. Stichwort: Übersättigung.

„Den Schalter umlegen“, das hatte Thomas Müller vor der Partie gefordert, denn schon nach der ersten intensiven Periode dieser Mammut-Saison hatte sich ja bekanntlich Müdigkeit in Beinen und Kopf bemerkbar gemacht. Das ist verständlich und menschlich, wird aber ab sofort – oder spätestens in ein bis zwei Wochen – Dauerzustand sein. 17 Partien etwa stehen für die Spieler des FC Bayern bis Weihnachten an, dazu kommen für die Nationalspieler noch drei Bonus-Kicks im November. Damit ja nicht zu viel Pause ist, hat der DFB vor den beiden Duellen in der (ebenso fragwürdigen) Nations League mit der Ukraine und Spanien noch ein Testspiel gegen Tschechien angesetzt. Termine: Mittwoch, Samstag, Dienstag. So können schön alle im Rhythmus bleiben.

Die Geschichte der Überbelastung und des engen Terminkalenders ist in diesem Corona-Jahr zur Genüge erzählt worden. Ab jetzt wird sie aber auch spürbar werden. Gesteigerte Vorfreude auf geballte Fußball-Power nimmt man aktuell weder bei den Protagonisten auf dem Feld noch bei den Konsumenten daneben wahr. Vielmehr hat man schon jetzt den Eindruck, dass die eigentlich schönste Nebensache der Welt zum nervigen Pflichtprogramm wird. Freilich gibt es Kracher, auf die man hinfiebert – Champions League gegen Atletico Madrid, Auswärtsspiel beim BVB, Duell mit Leipzig. An den meisten Samstagen, Dienstagen oder Mittwochen aber werden viele sich fragen, wer jetzt schon wieder spielt.

Argumente, den eigenen Wettbewerb voll durchzuziehen, haben alle Dachverbände. Trotzdem darf sich niemand wundern, wenn das Interesse sukzessive abnimmt. Wer am Tag vor Heiligabend noch die Zweitrunden-Spiele im DFB-Pokal verfolgt, ist echt tapfer.

Hanna.Raif@ovb.net

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