Hertha BSC
Das große Kino ist seit dem Abgang von Jürgen Klinsmann beendet. Doch der Hauptstadtclub beweist, dass er ohne den Klinsmann-Geist zumindest das Schmonzettentheater beherrscht: Vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart gab der Aufsichtsrat Jens Lehmann den europäischen Wettbewerb als Ziel aus. Großspurige Töne, die den „Big City Club“ von Klinsmann ins Gedächtnis rufen. Hertha-Präsident erwiderte prompt. Der Ex-Nationaltorwart spreche als Berater der Investorengruppe „Tennor“, nicht für den Verein. Und Manager Preetz relativierte – man wolle „den Anschluss an die internationalen Plätze herstellen.“ Die Mannschaft von Trainer Bruno Labbadia gab am Samstag ein sportliches Statement ab. Von internationalen Ansprüchen war die Elf soweit entfernt wie Jens Lehmann von einer Freundschaft mit Oliver Kahn.
Die Realität in Berlin derzeit: Drei Punkte aus vier Spielen, Tabellenplatz 15. Beim 0:2 gegen den Aufsteiger aus Stuttgart zeigt der Möchtegern-Spitzenclub nichts, was auf rauschende Europanächte hindeutet. Immerhin nahm das Team auf die 4000 Fans im Olympiastadion Rücksicht. Vor der Partie wurden die Besucher gebeten, aus Gründen des Pandemie-Schutzes keine Gesänge anzustimmen. Diese Gefahr kam bei der Leistung ihrer Mannschaft zu keinem Zeitpunkt auf.
FSV Mainz 05
Es gibt Rekorde, die scheinen für die Ewigkeit bestimmt zu sein. Der alt-ehrwürdige Hamburger Sportverein hat in dieser Kategorie so manche Bestmarke aufgestellt. Jedoch nicht nur positive. Im Oktober 2016 hat es der HSV vollbracht, in zwei aufeinander folgenden Spielen kein einziges Mal auf das gegnerische Tor zu schießen. Doch dieser Titel ist nicht mehr exklusiv in hanseatischer Hand – Mainz 05 hat nachgezogen. Nach dem 0:1 gegen Bayer Leverkusen haben die 05-er ebenfalls in 180 aufeinander Spielminuten den gegnerischen Torwart nicht einmal beschäftigt.
Vielleicht sollte das Team, die Energie in das Spiel investieren und diese nicht erst nach dem Abpfiff zeigen. Nach Spielende diskutierte Coach Jan-Moritz Lichte leidenschaftlich mit einem der 250 Fans im Stadion. „Wir schaffen das nur gemeinsam“, erklärte der Coach die Szene. Nächsten Samstag gegen Mönchengladbach kann man gemeinsam alles daran setzen, dem HSV nicht die Show zu stehlen.
Bundesliga versus Löw
Fast beiläufig hat Hoffenheims Sportdirektor Alexander Rosen in den Raum gestellt, dass man Spieler nicht zu ihren Nationalmannschaften schicken könnte. Mit Torjäger Andrej Kramaric in Quarantäne nach seinem Einsatz für Kroatien ist die TSG zwar auch besonders betroffen, aber mit den Rosen-Überlegungen könnte ein heftiger Streit zwischen Vereinen und den Nationalmannschaften neu entflammen. Schon lange ist es den Clubs ein Dorn im Auge, dass ihre Angestellten so oft auf nationale Reisen gehen und nicht selten verletzt oder zumindest angeschlagen zurückkehren. Nun will Rosen anscheinend testen, wie das Echo auf seine Gedankenspiele ausfällt. Die Stimmung spielt ihm in die Karten. Nationalmannschaften haben in dem engen Terminkalender gerade einen schweren Stand und auch die Fangunst schwindet. Vor allem in Deutschland. Gut möglich, dass Alexander Rosen nur der Stein war, der eine Lawine ins Rollen gebracht hat. DANIEL MÜKSCH