Frankfurt/Main – Die Welt- und Europarekorde am laufenden Band in der Pandemie haben am Ende der Leichtathletik-Saison Fragezeichen hinterlassen. In einer Saison, in der es wenig Wettkämpfe gab und in der lange nur eingeschränkt trainiert werden konnte. „Wir haben uns angeschaut, wie sich die Weltspitze insgesamt in diesem Jahr verändert hat – nicht nur die Top-1-Ranglistenplätze, sondern auch die Top 10 bis Top 30“, sagte Thomas Dreißigacker, leitender Bundestrainer Langstrecke. „Da war das Niveau ein bisschen niedriger als zuletzt.“
Doch in der Spitze? Neun Welt- und vier Europarekorde wurden im Laufen unterboten oder mehrfach verbessert. Nach langer Zeit gelang dies auch einer deutschen Läuferin. Melat Kejeta aus Kassel gewann am vergangenen Samstag Silber bei der Halbmarathon-WM in Gdynia und knackte in 1:05:18 Stunden den Europarekord für reine Frauenrennen.
Die meisten Rekordleistungen gelangen Läufern aus Uganda, Kenia und Äthiopien, die trotz Corona-Krise weiter in den Höhenlagen ihrer Länder professionell trainieren konnten, argumentiert der deutsche Laufchef. Andererseits hätten etliche Athleten aus der Not auch eine Tugend gemacht und im Training mehr experimentiert und Neues versucht, Neuen Push soll zudem der Wunder-Laufschuh „Dragonfly“ (Nike) bringen, der bei vielen der jüngsten Rekordleistungen getragen wurde. Studien gibt es keine.
Neben den Mutmaßungen um revolutionäres Schuhwerk ist aber auch eines Fakt: Das Anti-Doping-System war weltweit für Monate fast auf Null heruntergefahren. „Das Kontrollsystem war vorher nicht überragend“, sagte Doping-Experte Fritz Sörgel. „Es kann nun sein, dass dies extrem ausgenutzt wurde.“ Leistungssprünge habe es immer gegeben, „so auffällig“ häufig wie zuletzt im Laufbereich, sei das aber fragwürdig, auch wenn es Tests bei den Wettkämpfen gab. „Im Training werden die Vorteile verschafft“, betonte der Pharmakologe. Und da könne man „sicher sein“, dass das während des Anti-Doping-Lockdowns passiert sei. dpa