München – Der morgige Dienstag wird für die Spieler des FC Bayern elendig lang. Anschwitzen und ein paar Stunden im Teamhotel „Hyatt Regency Moscow Petrovsky Park“ verbringen, das ist bei einem Champions-League-Auswärtsspiel Alltag. Dann aber, wenn die Partie gegen Lokomotive Moskau (18.55 Uhr) gegen 20.40 Uhr deutscher und 22.40 Uhr russischer Zeit abgepfiffen sein wird, geht die Tortur los. Der Sonderflug LH2571 der Lufthansa startet um 1.00 Uhr in Moskau, die Landung in München ist trotz Nachtflug-Verbot für 2.15 Uhr vorgesehen. Dann allerdings geht es für das Team von Hansi Flick nicht nach Hause, sondern erst noch zur Säbener Straße. Der krönende Abschluss des Tages: Ein Corona-Test auf dem Vereinsgelände, geplante Uhrzeit: 3.15 Uhr.
Minutiös geplant ist sie also, die erste Corona-Auswärtsreise, die in der Königsklasse für den Triple-Sieger ansteht. Sowohl das Abschlusstraining als auch die offizielle Pressekonferenz mit Hansi Flick und Thomas Müller findet heute noch in München statt, ebenso ein außergewöhnliches Vorgehen. Weil besondere Umstände aber besondere Maßnahmen erfordern, hat Teammanagerin Kathleen Krüger bei der Reiseplanung alle Gefahrenquellen minimiert. Keine 36 Stunden dauert der Trip aus dem Risikogebiet München ins Risikogebiet Moskau (keine 30 Stunden vor Ort), wo die Zahl der Corona-Infizierten seit Wochen immens hoch ist. Dass trotzdem niemandem richtig wohl bei der Sache ist, ist nur logisch.
Für die Nachtlandung etwa hat es eine Sondergenehmigung gebraucht. Das gab es schon mal. 2015, am Aschermittwoch, da durfte der FC Bayern unter Trainer Pep Guardiola nach dem Champions-League-Auswärtsspiel in Lwiw (Lemberg) nachts um 2.15 Uhr am Flughafen München ankommen. Von einer „Extra-Wurst“des Bayerischen Innenministeriums wurde damals geschrieben, es gab durchaus Wirbel. Diesmal hat man in dieser Hinsicht noch nichts vernommen. Nicht mal von den Anwohnern, obwohl die sich von Nachtflügen freilich in ihrer Ruhe gestört fühlen.
Schnell hin – und schnell wieder weg, das dürfte zum Motto der kommenden internationalen Reisen werden. Und seit gestern Abend ist bekannt, dass auch Serge Gnabry entgegen der ursprünglichen Planungen den Ruckzuck-Trip nach Moskau mit antreten darf. Obwohl ein Corona-Test beim Nationalspieler am vergangenen Dienstag bekanntlich positiv war, darf der 25-Jährige die vom Gesundheitsamt angeordnete Quarantäne nach vier negativen Tests sowie zwei negativen Antigen-Test offiziell vorzeitig verlassen.
Schon am Rande des 5:0 gegen Eintracht Frankfurt hatte Hansi Flick bestätigt, was gerüchteweise die Runde gemacht hatte. Nämlich, dass bei Bayern alle glauben, was letztlich auch vom Amt angenommen wird: dass Gnabry falsch positiv getestet worden ist. Sowas kommt vor, bei Schulkindern und Arbeitnehmern wie bei Star-Kickern. Dass es Flick aber thematisierte, ist auch verständlich. Der Coach hatte sich ausführlich mit Team-Arzt und Internist Roland Schmidt unterhalten, der ein „absoluter Fachmann“ sei und den Fall genauso gesehen hat.
Die Hoffnung, dass Gnabry mitreisen kann, gab es schon am Samstag. Gestern dann kam die Bestätigung. Einen Vorwurf an Gesundheitsamt oder Labor gab es seitens FC Bayern nicht. Im Gegenteil. Man hatte Verständnis, aber freut sich nun, dass Gnabry dabei ist. Auch nachts um 3.15 Uhr beim Test.