Köln – Als der Abpfiff endlich durch das leere Kölner Stadion hallte, hätte man beim Blick auf Manuel Neuer auch denken können, es sei gerade ein K.o.-Spiel in der Champions League zu Ende gegangen. Der Kapitän des FC Bayern reckte die Arme in die Luft, ballte die Fäuste, schrie seine Freude raus. Wer also gerne sagt, dass beim verwöhnten Dauer-Sieger aus München im Liga-Alltag die Emotionen verloren gegangen sind, wurde da für ein paar Momente eines Besseren belehrt: So ein 2:1 beim Kellerkind 1. FC Köln kann durchaus für Ekstase sorgen.
„Manu und ich kommen ja noch aus der Zeit im Fußball, wo ein 2:1 ein normales Ergebnis war“, sagte Thomas Müller, der ähnliche Jubel-Ausmaße gezeigt hatte. Vielmehr noch: Der 31-Jährige hatte sich über einen erkämpften Einwurf kurz vor Schluss derart gefreut, dass sein „Ha-Ha-Ha“ im gesamten Stadion zu hören gewesen war. „Früher“, erklärte er, „da gab es nicht so oft ein 4:0 oder 5:0, da wurde bis zur letzten Minute gearbeitet“. So wie in Köln, nach dem 2:1 in Moskau dem zweiten Arbeitssieg der Woche – bei dem aber genauso wie vier Tage zuvor zählte: „Die drei Punkte sind das Wichtigste.“
Immerhin an diesem Fußball-Gesetz hat sich nichts geändert. Der 31. Sieg in den zurückliegenden 32 Spielen war ein Fight bis zur letzten Sekunde, „bis zur letzten Aktion“, stellte Müller treffend fest, „kann da noch einiges passieren“. Unter dem Strich aber bleibt – wenngleich die Ansprüche des Triple-Siegers inzwischen freilich andere sind – das Ergebnis, das gleich in zweierlei Hinsicht erfreute. Drei Punkte mehr auf dem Konto tun immer gut, auf der Rückreise dann, als Leipzig gegen Gladbach verloren hatte, konnte der Serien-Meister sich auch als Tabellenführer feiern. Bayern, 1, BVB 2: Das Topspiel am Samstag in Dortmund wird zum echten Liga-Gipfel.
Eine Leistung wie jene in Köln wird da nicht reichen, das ist allen Beteiligten bewusst. Mit „Einstellung, Mentalität und Siegeswillen“ zeigte Hansi Flick sich zwar zufrieden, spielerisch aber war das alles „einen Tick zu aufreizend und zu lässig“ (Müller). Der Coach war bemüht, seine B-Elf – im Vergleich zum Auswärtsspiel in Moskau hatte er gleich sechs Mann getauscht – nicht allzu hart zu kritisieren, bat darum, „die Gesamtsituation“ im Auge zu behalten. Er sagte aber auch Sätze wie: „Klar ist, dass wir das heute nicht gut gemacht haben. Und klar ist auch, dass wir Trainer das gerne anders sehen wollen.“
Flick war bei den nach wie vor sieglosen Kölnern bewusst ins Risiko gegangen und wollte auch gar nicht darüber spekulieren, ob geschonte Stars wie Robert Lewandowski oder Leon Goretzka es besser gemacht hätten als die Aushilfskräfte. Es wurde aber schon deutlich, dass der Leistungsabfall hinter der ersten Elf groß ist. Besonders auffällig war das bei Eric Maxim Choupo-Moting, der gar nicht ins Spiel fand. Goretzkas Kreativität fehlte im mit Javi Martinez besetzten Mittelfeld, gegen die gut stehende Abwehr der Kölner fiel den Bayern kaum etwas ein. Das Experiment in der Abwehr – Bouna Sarr auf links – ging zwar nicht schief, lief aber auch nicht auffallend gut. So war es kein Wunder, dass vor allem Joshua Kimmich mit Kampfgeist und Einsatz aus diesem Team mal wieder herausstach – unter anderem als er vor dem 2:0 durch Serge Gnabry den Ball eroberte. Zuvor hatte Müller vom Punkt getroffen, später kam Köln durch Dominick Drexler noch mal ran.
„Keine Glanzleistung, keine Gala“, sagte Müller, letztlich aber war das egal. Denn „wenn man gewinnt, ist der Plan aufgegangen“, resümierte Flick. Immerhin wissen die Bayern nun auch sicher, dass sie „die Arbeits-Schweinchen rausholen“ können, wenn sie denn müssen (Müller). So wie in den guten, alten Zeiten.