Neidischer Blick auf den Fußball

von Redaktion

Einziger Höhepunkt der Turner abgesagt – Chefin Koch: „Man gibt uns keine Chance!“

München – Ob Ulla Koch über die Absage der Deutschen Meisterschaften reden will? Die Bundestrainerin der deutschen Turnerinnen überlegt. „Ich weiß es nicht“, sagt sie. Sie wirkt geknickt, aber es sprudelt schließlich doch aus ihr heraus. Ein Satz der 65-Jährigen, der nachhallt: „Man müsste uns eine Chance geben – wie dem Fußball.“

Ein Hygienekonzept hat es freilich auch für das ursprünglich am kommenden Wochenende in Düsseldorf ausgetragene Multisport-Event gegeben. Ein sehr gutes, wie Koch findet. Ein in der aktuellen Lage nicht ausreichendes, wie der DTB und die zuständigen Behörden in Nordrhein-Westfalen verfügten. Die Deutschen Meisterschaften in den Sportarten Turnen, Rhythmische Sportgymnastik und Trampolin wären der einzige Höhepunkt des Corona-Jahres gewesen. Sie fallen nun aus – und nicht nur Koch als Chefin der deutschen Frauen hat Angst vor den Folgen.

„Unsere Pläne sind mal wieder über den Haufen geworfen“, sagt Koch. Sie bedauert die kurzfristige Absage vor allem für ihre Sportler, findet es aber auch „schade, dass wir als Profi-Sport – denn das sind wir! – nicht die Gelegenheit bekommen, unsere Ziele zu erreichen“. Erst vor wenigen Wochen war nach der Verschiebung der Olympischen Spiele von Tokio auf das kommende Jahr entschieden worden, dass die deutschen Athleten auch bei den europäischen Titelkämpfen im Dezember im Corona-Risikogebiet Türkei nicht an den Start gehen werden. Die DM hatte dadurch noch mal an Wert gewonnen. Die Absage schmerzt daher gleich doppelt.

Man war seitens des DTB gestern bemüht, die Entscheidung zu rechtfertigen. „Wir hätten mit viel Aufwand eine sichere Veranstaltung durchführen können und dies auch sehr gerne getan“, betonte Alfons Hölzl. Auf einige Bereiche, „zum Beispiel die Anreise der Sportlerinnen und Sportler“, könne man aber keinen Einfluss nehmen. Die Geräte waren bereits aufgebaut, die Helfer standen in den Startlöchern. Der Präsident bedauert den Entschluss vor allem, weil er es „für außerordentlich wichtig“ hält, „dass wir den Athletinnen und Athleten Wettkämpfe auch zur Motivation anbieten“.

Koch ahnt, was nun passiert, sie spricht von einem „Motivationsloch“ ihrer Top-Athletinnen um Elisabeth Seitz und betont: „Wir sind Wettkampfsportler! Der Weg ist nicht unser Ziel!“ Schon gestern machte sie sich daher – geknickt, wie sie war – Gedanken über ein Alternativprogramm. Ein „Kräftemessen in einer sicheren Blase“ schwebt ihr vor, womöglich am Stützpunkt in Frankfurt. Ein schwacher Trost. Der neidische Blick auf den Fußball bleibt. HANNA RAIF

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