Impfstoff gegen Fußball-Tristesse

von Redaktion

Zusammenhang zwischen Pandemie und Nationalmannschafts-Müdigkeit?

VON GÜNTER KLEIN

Leipzig – Der Tag, an dem Oliver Bierhoff das Bild von der „dunklen Wolke über der Nationalmannschaft“ zeichnete, war auch der Tag, an dem eine gute Nachricht durch alle Kanäle gespült wurde: Es wird wohl in absehbarer Zeit ein gut wirksamer Impfstoff gegen das Sars-Virus verfügbar sein. Hilft die Substanz aus dem Hause Biontech in Mainz dann auch dem (deutschen) Fußball, kann er sich schützen vor einer weiteren Welle dessen, was DFB-Direktor Bierhoff beklagt hatte: Missachtung durch Medien, Öffentlichkeit?

Man sieht bei den Verantwortlichen der Nationalmannschaft ja durchaus einen Zusammenhang zwischen Pandemie und derzeit sehr kritischer Wahrnehmung des Fußballs. „Die Pandemie“, sagt Bundestrainer Joachim Löw, „ist in den meisten Ländern sehr ernst, überstrahlt vieles und tangiert auch uns.“ Mittelfeldspieler Ilkay Gündogan nimmt wahr, „dass Nationalmannschaften, nicht nur unsere, mit pessimistischem Blick betrachtet werden. Die Fans tun sich schwer, sich auf Länderspiele zu freuen. Viele fragen sich, wenn sie den engen Zeitplan sehen: Warum führt man dann noch Länderspiele durch?“ Löw denkt daran zurück, „mit welch unglaublich guter Stimmung“ seine Mannschaft nach dem 6:1-Sieg gegen Nordirland vor einem Jahr in die Winterpause ging, der sich eine unfreiwillige Frühlings- und Sommerpause anschloss. „Und nach der langen Auszeit spielen wir gegen Spanien und die Schweiz, bekommen in der letzten Minute den Ausgleich, und man hat das Gefühl, dass sich alles dreht.“

Die große Rede zur Lage der Nation(almannschaft) hat Oliver Bierhoff am Montag gehalten, Joachim Löw muss sie nicht wiederholen, sondern lediglich ergänzen aus seiner Sicht als Trainer. Er versucht deutlich zu machen, dass er ein wenig weiter blicken muss als nur bis zum nächsten Spiel und dass er sich von tieferen Motiven leiten lässt als nur der Besänftigung der kritischen Fans mit einem überzeugenden Resultat. „Wir haben eine ganz spezielle Situation, Bayern und Leipzig haben fast durchgespielt. Jetzt kommen die kalten Monate mit schwierigen Bedingungen, die vollen Terminkalender, Drei-Tages-Rhythmus bis Weihnachten, keine Winterpause. Wenn wir Trainer jetzt nicht die größte Sorgfalt walten lassen, haben wir nächstes Jahr im März, April ein großes Problem.“

Darum werde er nicht immer seine bestmögliche Elf spielen lassen, er wird heute gegen die Tschechische Republik (20.45 Uhr/RTL) auch wieder die zweite Reihe antreten lassen, den Neuen Felix Uduokhai (Augsburg), Philipp Max (PSV Eindhoven) und Ridle Baku (VfL Wolfsburg) sagt er das Debüt zu. Mit der Erkenntnis, ob sie was taugen, will er seinen Weg der Erneuerung unbeirrt fortsetzen, er glaubt, die geförderten Spieler „werden zurückzahlen“. Es habe in den letzten eineinhalb Jahren doch nur „eine Niederlage gegen Holland“ gegeben, ansonsten sei man ungeschlagen geblieben. Gut, so kann man die Serie von Unentschieden auch verkaufen.

Aber vielleicht würde eine Erhellung des Lebens in Corona-Zeiten durch einen Impfstoff wirklich helfen, sich Löws Sichtweise anzuschließen. Der Bundestrainer hofft, „dass wir damit vorbeugen können, es eine große Immunisierung gibt und wir unser normales Leben wieder aufnehmen können“. Mit einem Gefühl, das dem Fußball wieder Platz gibt. Wobei Oliver Bierhoff glaubt, „dass uns Corona im Sommer noch nicht verlassen haben wird. Ich gehe nicht von einer EM mit vollen Stadien aus.“

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