Fall Haaland polarisiert

Norwegens Minister: Buhmann? Vorbild!

von Redaktion

HANNA RAIF

Das neue Vorgehen der Norweger liest sich amüsant, aber es ist durchdacht: Weil die eigentliche Nationalmannschaft zu einem Großteil in Quarantäne steckt, wurde gestern kurzerhand ein neuer Kader vorgestellt. Die Ersatz-Ersatz-Spieler reisen nach Norwegen, werden in einem Flughafen-Hotel einquartiert und dürfen erst nach negativem Corona-Test per Charterflug nach Wien jetten, wo morgen Abend die Nations-League-Begegnung gegen Österreich stattfindet. Kreativität ist gefragt, wenn das Business weitergehen soll. Man ist bemüht um Sicherheit – auch wenn der Ärger überwiegt.

Der Fall Norwegen ist genau der, über den in düsteren Prophezeiungen seit Wochen gesprochen wird. Er polarisiert nicht nur, weil in Erling Haaland ein Star der deutschen Bundesliga betroffen ist (und am Wochenende womöglich nicht für Dortmund auflaufen darf). Sondern vor allem, weil er aufzeigt, wie das Fußballgeschäft im Geflecht aus diversen Verbänden, Wettbewerben, Ligen und Eigeninteressen in Zeiten einer Pandemie eigentlich funktionieren sollte: konsequent, ohne Spielraum. Der norwegische Gesundheitsminister hatte kein Erbarmen, ließ sich durch einen Hilferuf von Haaland und seinen Kollegen nicht erweichen – und hat Fußballer damit so behandelt, als wären sie Normalsterbliche. Dass allein das eine Erwähnung wert ist: nicht unbedingt ein Lob für seine Kollegen aus aller Herren Länder.

In Dortmund ist man freilich ebenso wenig begeistert wie in Norwegen. Der Ausfall des besten Stürmers würde schmerzen, genau wie es die womöglich am Grünen Tisch verlorenen Punkte nach der Absage des Spiels gegen Rumänien tun (eine Entscheidung der UEFA steht noch aus). Weil sowohl der BVB als auch der norwegische Verband aber Teil eines Systems sind, das sich für den Weg unter dem Motto „The Show must Go On“ entschieden hat, sind Klagen eigentlich unangebracht. Das Argument der Wettbewerbsverzerrung ist richtig und schlüssig, im Vergleich zur konsequenten Umsetzung der Pandemie-Eindämmung aber nichtig. Fairplay muss in Zeiten wie diesen hinten anstehen. So bitter das ist.

Die Debatten werden anhalten. In Bremen und Bielefeld kann man sich auf die Schulter klopfen, weil man Abstellungen in Risiko-Gebiete untersagt hat. Bei betroffenen Vereinen der Rückkehrer wird man kämpfen. Das Gute ist: Die nächsten Länderspiele stehen erst im März 2021 an. Und alle eint die Hoffnung, dass die Welt bis dahin wieder ein bisschen besser aussieht.

Hanna.Raif@ovb.net

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