Konsequenzen aus dem 0:6

Was, wenn er wieder irrt?

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Fußball-Deutschland hat gesagt, die Nations League sei ohnehin – und erst recht unter den Bedingungen eines Corona-Jahres – eine Krampf-Veranstaltung, man solle sie ignorieren. Dafür ist die Aufgeregtheit dann doch ziemlich groß. Aber die Betroffenheit schon ehrlich. Ein 0:6 wühlt auf, das ist nicht anders als ein 1:7 (das von Brasilien gegen Deutschland 2014) oder ein 2:8 (erlitten vom großen FC Barcelona kürzlich in der Champions League gegen die Bayern). Klar, das Debakel ereignete sich in einem niederrangigen Wettbewerb, doch eine deutsche Nationalmannschaft darf halt nie so verlieren, wie es eine überforderte Bundesliga-Truppe gegen den FC Bayern täte, denn sie selbst ist ja mit am Dienstagabend in Sevilla fünf Münchner Spielern annähernd der FC Bayern. Und auch wenn man alles einpreist – die Häufung an (unnötigen) Partien, die personellen Wechsel, die Stimmungslosigkeit in den Stadien, womöglich auch die berechtigte Verunsicherung nach dem Spiel gegen ein teilinfiziertes ukrainisches Team –, muss es Mittel geben, ein solches Ergebnis nicht zuzulassen.

Eine krachende Niederlage muss nicht in der Konsequenz der Trennung vom Trainer enden. Der FC Southampton hat unter Ralph Hasenhüttl mal 0:9 verloren – heute sind sie zusammen Vierter in der Premier League. Auch Joachim Löws Trainerkarriere beim DFB hatte ihre Dellen, doch man war bei seinen Dienstherren immer der Meinung, dass die Zukunft was Gutes bringen kann. Weil der Bundestrainer bereit war, Korrekturen vorzunehmen, weil er Einflüsse von außen zuließ, van-Gaal- und Guardiola-Elemente aufnahm. Er hat nun auch versucht, sich dem Umschaltfußball zu öffnen, er richtet sich danach, dass seine derzeit besten Stürmer wieselflink, aber keine Flanken verwertende Kopfballmonster sind. Es gab seit der WM 2018 gute deutsche Spiele.

Was man Joachim Löw aber vorhalten darf, ist eine gewisse Entrücktheit. Ein Beharren auf Festlegungen, wie er selbst es in der Analyse der WM 2018 als „fast schon arrogant“ bezeichnet hatte. Das Ignorieren sich aufdrängender Spieler, das bedingungslose Fördern von Bundesliga-Reservisten. Die Demut, die Löw unter dem Eindruck der Pleite von Russland gelobte, ist einer neuen Selbstsicherheit gewichen, dass sein Weg der richtige ist, neulich sprach er davon, über aller Kritik zu stehen. Was, wenn seine Überzeugtheit ihn abermals trügt?

Guenter.Klein@ovb.net

Artikel 1 von 11