München – Für die deutschen Fußball-Fans ist der Fall klar: Sie fordern nach dem 0:6-Debakel in Spanien einen Neuanfang. In einer repräsentativen Umfrage des Sportinformationsdienstes über die App FanQ forderte eine breite Mehrheit den Rücktritt von Joachim Löw (84 Prozent) – und Sportdirektor Oliver Bierhoff (73,5 Prozent) soll direkt mitgehen. Doch wer könnte Löw beerben? Eine Übersicht über die meist gehandelten Kandidaten.
JÜRGEN KLOPP (53)
Für die meisten Fans ist er der beste Kandidat, doch er ist wohl auch der unwahrscheinlichste. Klopp unterschrieb beim FC Liverpool, wo er Heldenstatus besitzt, einen neuen Vertrag bis 2024 – aus voller Überzeugung. „Ich bin jetzt hier bei Liverpool und habe darüber hinaus keine weiterführenden Pläne“, sagte der frühere Meistertrainer von Borussia Dortmund erst kürzlich. Und das Amt des Bundestrainers scheint ihn auch nicht wahnsinnig zu reizen: „Ich weiß nicht, ob das dann auch noch in der Agenda stehen muss.“
HANSI FLICK (55)
Er wäre ein logischer Nachfolger. Flick assistierte Löw beim WM-Triumph 2014, er kennt den DFB auch als früherer Sportdirektor in- und auswendig. Durch den Triple-Gewinn mit dem FC Bayern zeigte Flick, dass ér zum Chef taugt. Das meint auch Löw: „Dass ich ihm das zutraue, ist keine Frage. Ich habe acht Jahre mit ihm zusammengearbeitet. Da besteht eine Seelenverwandtschaft.“ Problem: Flick steht bei Bayern bis 2023 unter Vertrag – und will bleiben: „Ich bin aktuell mit dem Vereinsfußball sehr zufrieden, weil ich sehe, dass man tagtäglich so viel entwickeln kann.“
RALF RANGNICK (62)
Das Hindernis eines laufenden Vertrags gibt es bei Rangnick nicht. Der frühere Architekt des Erfolgsprojekts von RB Leipzig hat sich vom Red-Bull-Imperium gelöst und ist offen für neue Aufgaben. „Grundsätzlich ist das Amt des Bundestrainers für keinen deutschen Trainer ein Amt, das ihn nicht interessiert“, sagte Rangnick kürzlich bei Sport1. Fachlich ist Rangnick über jeden Zweifel erhaben, doch der bekennende Reformer würde sich nicht nur auf die Trainer-Aufgaben stürzen. Ist das bei Oliver Bierhoff und den anderen Funktionären gewollt? Zudem könnte die nicht selten pedantische Art, mit der Rangnick die Abläufe rund um ein Team bis ins kleinste Detail steuert, bei den Spielern zum Problem werden.
THOMAS TUCHEL (47)
Perfektionismus bis an die Grenzen des Erträglichen wurde auch Tuchel lange nachgesagt. Doch bei Paris Saint Germain scheint sich der frühere BVB-Trainer eine gewisse Entspanntheit angeeignet zu haben, Superstars wie Neymar und Kylian Mbappé sind nicht gänzlich zu kontrollieren. An den fachlichen Qualitäten würde ein Engagement beim DFB sicher nicht scheitern, Tuchel gilt als Taktikfuchs und Motivator. Tuchels Vertrag bei PSG läuft nach der EM aus, eine Verlängerung gilt als unwahrscheinlich.
STEFAN KUNTZ (58)
Die bequemste Lösung – und wohl nur für einen gewissen Übergang. Der aktuelle U 21-Nationaltrainer genießt aufgrund seiner Erfolge und seines loyalen Auftretens hohes Ansehen im DFB. Löw selbst hatte den früheren Nationalspieler vor einem Jahr als einen möglichen Nachfolger ins Gespräch gebracht. Die kumpelhafte Art des Ex-Stürmers könnte sich bei den Stars jedoch schnell abnutzen, auf ein neues taktisches Niveau dürfte Kuntz das DFB-Team auch nicht heben. sid