Vorbild mit 17

von Redaktion

Flick verhilft Musiala zum Startelfdebüt, weil er „es verdient hat“ – anders als andere Talente

VON HANNA RAIF

München – Das Geschrei im Geister-Stadion war laut, gefühlt noch lauter als sonst. Und der Name, den man vor allem in den ersten Minuten dieses 1:1 gegen Bremen am häufigsten durch die Allianz Arena hallen hörte, war: „Jamal!“ Thomas Müller schrie: „Jamal, hier!“ Javi Martinez legte nach: „Gut, Jamal!“ Es war offensichtlich, dass die Routiniers den Debütanten unterstützen wollten, wo es ging. Das gelang immerhin so gut, dass Hansi Flick trotz des Remis sagte: „Also mit ihm bin ich zufrieden.“

Tatsächlich hatte auch Musiala sich – außer ein paar Ballverlusten in der Anfangsphase – nicht viel vorzuwerfen, als er in der 63. Minute Platz für diejenigen machte, denen er nacheifert. Serge Gnabry, Leroy Sané und Eric Maxim Choupo-Moting lösten den 17-Jährigen sowie den Rest des offensiven Mittelfelds ab, sie kamen, um das Spiel zu drehen. Allerdings blieb am Ende doch eher der Auftritt Musialas in Erinnerung. „Er hatte es so schwer wie die komplette Mannschaft. Die Räume waren zu, das hat Jamal auch gespürt“, sagte Flick. Aber der Jungspund im Team war durchaus bemüht – was man nicht von allen Teamkollegen behaupten konnte.

Auf der Acht, neben Müller, vor Martinez und hinter Douglas Costa sowie Kingsley Coman hatte Flick den Engländer aufs Feld geschickt – und damit schon vor Anpfiff Musialas perfekte Woche gekrönt. Erst vier Tage vor dem Gastspiel der Bremer hatte er beim 5:0 der britischen U 21 gegen Albanien ein Startelfdebüt (inklusive Tor) gefeiert, nun folgte das nächste. Und obwohl die Bremer tief und dicht standen, konnte er auch Akzente setzen. Er holte mal einen Gegner von den Beinen oder selbst einen Freistoß raus, gab sich mutig, dribbelte, schoss, versuchte alles. Was aufblitzte: Die „enorme Qualität“, die Flick ansprach. Wenn es mal einen Überraschungsmoment im Offensivspiel der Gastgeber gab, dann war Musiala mit seinen schnellen, manchmal unberechenbaren Bewegungen meist beteiligt.

Flick ist nicht unbedingt dafür bekannt, junge Spieler in den Himmel zu jubeln – er weiß, was dann üblicherweise passiert. Bei Musiala aber hat der 55-Jährige keine Bedenken, Sätze zu sagen wie: „Er hat es verdient, zu spielen. Spiele wie heute sind für ihn einfach mal drin.“ Da hört man schon einen anderen Tonfall raus, als wenn der Coach etwa auf Joshua Zirkzee angesprochen wird. Erst zuletzt hatte Flick mit Blick auf den Stürmer gesagt: „Es geht auch ein bisschen um die Mentalität, die Einstellung, den unbedingten Willen, zu zeigen, was man kann.“ All diese Tugenden hat Musiala, während sie bei Zirkzee intern zu oft vermisst werden. Stichwort: Starallüren. Bei Musiala – oder nach Müller und Martinez: „Jamal“ – besteht da keine Gefahr.

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