Gelsenkirchen – Am Tag nach dem personellen Beben beim FC Schalke 04 bemühte sich Jochen Schneider um Schadensbegrenzung und richtete einen flammenden Appell an das Gemeinschaftsgefühl. „Es geht hier nicht um Einzelschicksale, sondern nur darum, wie wir aus der sportlichen Situation wieder herauskommen. Dazu haben wir jetzt die notwendigen Entscheidungen getroffen“, sagte der Sportvorstand des Bundesligisten. „Wenn es uns gelingt, den Teamgedanken wieder zu entwickeln, werden wir auch wieder erfolgreich sein. Es geht darum, die Mannschaft in der 1. Bundesliga zu halten. Alles andere interessiert jetzt nicht.“
Zuvor hatte Schneider bereits die Mannschaft auf eine gemeinsame Linie eingeschworen. Mitten in der sportlichen Dauerkrise – das Team ist seit 24 Bundesliga-Spielen ohne Sieg und Tabellenletzter – tritt das ganze Ausmaß der internen Streitigkeiten zu Tage. Schneider: „Wir haben 17 Konkurrenten im Land, da brauchen wir die nicht noch im eigenen Verein. Alle müssen vertrauensvoll miteinander arbeiten.“
Zugleich räumte er auch eigene Fehler ein. „Klar habe auch ich Fehler gemacht. Das Bild, das wir abgeben, ist verheerend“, gestand er: „Aber wenn wir den Zusammenhalt wieder hinkriegen, kommen wir auch wieder aus der Krise heraus.“ Der ganze Fokus müsse nun den fünf Spielen bis Weihnachten gelten.
Es sei „total okay“, wenn man angesichts ausbleibender Erfolge „auf die Fresse kriege“, meinte Schneider. „Die Prügel sind berechtigt. Aber an der ein oder anderen Stelle wünsche ich mir mehr Miteinander.“ Er selbst spüre den Rückhalt des Aufsichtsrates. „Aber ganz ehrlich, den brauche ich auch nicht. Ich bin nicht so gestrickt, dass ich ein Bekenntnis brauche“, so erklärte der 50-Jährige.
Schalke hatte sich vom Technischen Direktor und Kaderplaner Michael Reschke getrennt, zudem wurden die Problem-Profis Amine Harit und Nabil Bentaleb zum wiederholten Mal suspendiert und müssen bis auf weiteres individuell trainieren. Beide bekamen eine „Denkpause“, der Weg zurück ins Team sei aber nicht versperrt. „Bei Amine waren es einige Dinge am Wochenende, die uns nicht gefallen haben. Bei Nabil war es ein längerer Prozess“, erläuterte Schneider.
Der nach einer Leihe im Sommer zurückgekehrte 26 Jahre alte Algerier Bentaleb wurde wegen zahlreicher Verfehlungen von diversen Trainern bereits mehrfach freigestellt, scheint im Team isoliert. Auch alle Bemühungen von Trainer Manuel Baum, das große Potenzial aus Bentaleb nutzbringend für das Team herauszukitzeln, schlugen fehl. Spätestens im Sommer trennen sich die Wege. „Wir müssen feststellen, dass Schalke und Nabil Bentaleb offensichtlich nicht zusammenpassen“, sagte Schneider.
Beim 23 Jahre alten Marokkaner Harit haben die Verantwortlichen die Hoffnung noch nicht aufgegeben. „Wir werden Amine nicht fallen lassen, sondern gemeinsam alles daran setzen, ihn wieder dahin zu bringen, dass er seine Qualitäten für unseren Verein einbringen kann“, so Schneider.
Zum Bruch mit Kaderplaner Reschke kam es, als Schneider nach dessen Meinung zu lange an Ex-Trainer David Wagner festgehalten hatte. „Es tut mir weh, aber ich toleriere die Entscheidung“, sagte Reschke der Funke Mediengruppe.
Einen direkten Nachfolger für ihn soll es zunächst nicht geben. Die Aufgaben sollen gemeinsam von Sascha Riether, bisher Koordinator der Lizenzspielerabteilung, Ex-Profi Mike Büskens, René Grotus und Schneider gemeistert werden.
Als großes Missverständnis entpuppte sich die Verpflichtung von Vedad Ibisevic. Der Vertrag des Ex-Herthaners, der sein kleines Grundgehalt spendete und dafür gefeiert worden war, wurde zum Ende des Jahres gelöst. „Leider hat es nicht so gepasst, wie wir uns das gemeinsam versprochen haben“, erläuterte Schneider. Ibisevic reiste bereits zurück zu seiner Familie nach Berlin. d