Es ist nicht die Art von Hansi Flick, auf seine eigenen Erfolge hinzuweisen. Am Mittwoch aber, als der Zeiger auf Mitternacht zuging, überkam es ihn. „Ich hatte 51 Spiele als Trainer hier, 46 haben wir gewonnen“, sagte er, ein Anflug von Eigenlob aber war das nicht. Vielmehr wollte er seine Bilanz auf sein Team übertragen – und stellte die Frage: „Was soll ich zu dieser Mannschaft sagen?“
Flick sprach nicht weiter, leider. Denn es gäbe aus seiner Sicht aus dem vergangenen Jahr ja doch einiges zu berichten. Zum Beispiel, dass die Bayern aus einer Ansammlung von Stars zu einer verschworenen Truppe geworden ist. Dass diese nicht nur von Routiniers getragen, sondern sinnvoll von jungen Spielern ergänzt wird. Dass sie sowohl im Tor als auch im Sturm den derzeit besten Spieler des Kontinents in den eigenen Reihen hat. Dass sie Triple-Sieger ist sowieso. Aber viel wichtiger: Dass sie sowohl in der Bundesliga vorne steht als auch die Gruppenphase der Champions League als Sieger abschließen wird. Und dass man das auch mal honorieren sollte.
Natürlich war der Auftritt gegen Salzburg keine Glanzleistung, genau wie andere Spiele in den letzten Wochen. Wenn man aber bedenkt, dass den Seriensiegern aus vielen Richtungen ein echtes Herbsttief prognostiziert worden war, muss man doch feststellen, dass sich die Formdelle trotz der Dauerbelastung seit mehr als einem halben Jahr in Grenzen hält. Eine Niederlage (in Hoffenheim) sowie am Samstag ein Remis (gegen Bremen) stehen einer sonst makellosen Bilanz gegenüber. Dass das Repertoire der Flick-Elf dabei von Glanz-Siegen bis hin zu Arbeitserfolgen ausgeweitet wurde, ist auch eine Qualität, die ein großes Team haben muss.
Es fällt im Moment nicht ganz so leicht, die Beine sind müde, die Köpfe leer, die Verletztenliste ist lang. Dass es dem Titelverteidiger in allen Wettbewerben dennoch gelingt, auf dem Papier nahezu schadlos durchzukommen, kann für den restlichen Verlauf dieser Mammutsaison ein echter Mehrwert sein. Effizienz ist das Stichwort, das am Ende zählt. Und da macht den Bayern selbst dann niemand etwas vor, wenn der Motor stottert.
An den Begleitumständen ist nicht Flick, sondern der Corona-Fahrplan schuld. Der Coach hingegen schafft es, das Beste daraus zu machen. Diese Leistung steht hinter den nackten Zahlen von 46 Siegen aus 51 Spielen. Auch wenn er das nie zugeben würde.
Hanna.Raif@ovb.net