Kein Weg zurück

von Redaktion

Badstuber, 2013 stiller Triple-Held der Bayern, ist sieben Jahre später beim VfB am Tiefpunkt

VON HANNA RAIF

München – Ein kleiner Eigenbrötler war Holger Badstuber schon immer. Nach Heimspielen des FC Bayern sah man den Verteidiger früher gerne mal in den Katakomben der Allianz Arena auf einer Fensterbank hocken, vollkommen in sich gekehrt. Während die meisten Profis gerne schnell das Weite suchten, tippte Badstuber da auf seinem Handy rum oder hörte Musik. Sprechen allerdings mochte er selten, er wollte in Ruhe gelassen werden. Das zieht sich bis heute durch. Interviewanfragen vor dem Gastspiel der Bayern an diesem Samstag (15.30 Uhr) beim VfB Stuttgart hat er schnell eine Absage erteilt. Dabei gäbe es so viel zu besprechen.

Rückblick: Der FC Bayern, Triple-Sieger 2020, hat auch vor sieben Jahren schon ein Champions-League-Endspiel gewonnen. In Wembley siegte das Team von Jupp Heynckes bekanntlich gegen Dortmund, während in Vail/USA ein Mann auf dem OP-Tisch lag. Das Endspiel in London stand für die Münchner offiziell unter dem Motto „Für Holger“, den armen Jungen, der sich kurz zuvor zum zweiten Mal das Kreuzband im rechten Knie gerissen hatte. Franck Ribéry erschien im Pullover mit Badstubers Nummer „28“ auf der Brust, Bastian Schweinsteiger präsentierte das Trikot des verletzten Innenverteidigers und ließ es über den großen Teich schicken. Damals, beim letzten Triple-Sieg, war Badstuber zwar nicht dabei, aber trotzdem einer von ihnen. Als die Bayern im August erneut die Königsklasse gewannen, kam er zeitgleich am Tiefpunkt seiner Karriere an.

Vielleicht muss man verstehen, dass Badstuber nichts sagen will zum Duell seines Ex-Vereins mit seinem derzeitigen Arbeitgeber. Denn tatsächlich ist der 31-Jährige seit dem Sommer ja nicht mehr in der Bundesliga-Mannschaft der Schwaben beschäftigt, sondern im Viertliga-Team. Die Regionalliga Südwest pausiert derzeit, ansonsten aber ist sie der graue Alltag des ehemaligen Nationalspielers. Nach 119 Partien für die Münchner, zehn für Schalke und 56 für die Profis des VfB, sechs Meisterschaften, drei Pokalsiegen und dem Königklassen-Triumph (in Abwesenheit) geht es für Badstuber heuer um Punkte in Liga vier. Und ein Weg zurück ins Bundesliga-Team ist – obwohl beim VfB der Ruf nach einem erfahrenen Leader immer lauter wird – so gut wie ausgeschlossen.

Die offizielle Begründung ist bekannt. „Wir setzen verstärkt auf andere Spieler“, sagte Sportdirektor Sven Mislintat im August. Hinter diesem Fall aber steckt freilich ein bisschen mehr als bloße sportliche Gesichtspunkte. In Stuttgart heißt es vor allem, dass Badstubers Art die Mannschaft eher gehemmt als gefördert hat. „Nörgler“, sagt man hinter vorgehaltener Hand, Badstuber selbst bestätigt sogar: „Laut zu werden, wenn es nötig ist, gehört zu meiner Art und Weise.“ Gerne aber schoss er dabei in der zurückliegenden Aufstiegssaison auf dem Trainingsplatz wie im Ernstfall übers Ziel hinaus. Dass er die letzten Saisonspiele von der Bank aus verfolgen musste, war kein Zufall, sondern ein Vorbote. Einer, der sein Ego nicht im Griff hat, passt nicht in dieses Team, in dem die Jugend dominieren soll. Oft gab er den Jungen das Gefühl: Ich kann eh alles besser als ihr. Seine Technik ist unbestritten gut, das Tempo allerdings hat in 13 Profi-Jahren mit diversen schweren Verletzungen schon etwas gelitten.

Der Plan des VfB war eigentlich durchdacht. Die Degradierung sollte Badstuber gleichzeitig ins Schaufenster für andere Clubs stellen sowie ihn selbst zu einem Abgang bewegen. Das klappte nicht. Rund drei Millionen Euro pro Jahr kostet die unglückliche Personalie die Schwaben aktuell. Ein teurer Spaß für einen finanziell gebeutelten Club. Aber Badstuber hat natürlich keine Eile.

Im zweiten Team hat er sich eingefügt, er nimmt die Situation professionell. Und für die Stuttgarter ist es nur gut, dass er halt nicht so gerne plaudert wie andere. Die Partie wird er aus der Ferne verfolgen, stillschweigend. Das kennt er ja schon. Nur: Ein „Für Holger“-Spiel wird es diesmal nicht werden.

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