Wenn nicht ich, wer dann?

von Redaktion

Vorolympische Saison ist für Lochner ein Testlauf – mit einem Ziel: Dominator Friedrich ärgern

VON HANNA RAIF

München – Ans Telefon gehen, das geht gerade noch. Ansonsten aber möchte sich Johannes Lochner dieser Tage nicht viel bewegen. „Es gibt keine Stelle an meinem Körper, die mir nicht wehtut“, sagt der Berchtesgadener Bob-Pilot, oder anders ausgedrückt: „Mein Körper fliegt auseinander.“ Gerade vier Rennen ist die Saison im Eiskanal jung, für Lochner stehen die Plätze zwei, zwei, fünf und drei in der Weltcup-Statistik. Ein solider Start – aber es geht mehr. Trotz Wehwehchen von Kopf bis Fuß hat Lochner ein Ziel: „Franz schlagen, egal wie.“

Der Franz, das ist Francesco Friedrich, Lochners Teamkamerad, Kumpel und ärgster Konkurrent. Vier Mal ist der Oberbärenburger im kleinen Schlitten nun in Sigulda auf den ersten Platz gerast, der Serien-Weltmeister ist und bleibt der Dominator der Szene. Nicht nur Lochner, sondern auch die internationale Konkurrenz arbeitet dafür, einen Weg an ihm vorbei zu finden. Aber nur der deutsche Widersacher sagt selbstbewusst: „Wenn es einer schafft, dann ich!“

Tatsächlich ist das keine Arroganz, sondern eine realistische Einschätzung. Lochner kennt Friedrich bestens, seit Jahren, heuer aber lief die Zusammenarbeit besonders intensiv. Weil die beiden besten deutschen Piloten von Bundestrainer Rene Spies für die Weltcups gesetzt waren, durften sie bereits mit Blick auf die Olympischen Spiele 2022 in Peking Schlitten testen, während der Rest um die Startplätze kämpfte. Die Sicherheit, sagt Lochner, habe ihm „gut getan“, die vielen Fahrten allerdings ihre Spuren hinterlassen. Die Muskulatur ist nun extrem verhärtet, weil das Training abseits der Bahn neben Master-Arbeit und Beruf zu kurz kam. Friedrich, Bundespolizist, hat da einen entscheidenden Vorteil: „Sein Fokus liegt ausschließlich auf dem Sport“, sagt Lochner. Genau das ist auch sein Plan für den olympischen Winter, der in einem Jahr startet.

Die aktuelle Saison läuft unter dem Motto: Durchkommen, testen, keine Fehler machen – und wenn aus ihnen lernen. Bisher funktioniert das, und der Druck, den Lochner auf Friedrich ausübt, ist kontinuierlich hoch. Sogar beim Auftakt im lettischen Sigulda, wo die Muskeln zunehmend schmerzten, war Lochner in einigen Durchgängen am Start auf Augenhöhe. Das ist notwendig, weil Friedrich – laut Lochner „ein perfekter Fahrer mit perfektem Material“ – selten Fehler macht. Man muss also selber von Start bis Ziel optimal durchkommen, um am Ende schneller zu sein als er.

Die nächste Gelegenheit bietet sich in der kommenden Woche erst, wenn der Weltcup in Innsbruck weitergeht. Die Pause bis dahin will und muss Lochner nutzen. „Ich werde alle Physiotherapeuten abklappern“, sagt er lachend, bevor er auflegt. Schnell den Hörer auf die Gabel, denn: der Arm schmerzt.

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