„Ich hätte eine Vertragsverlängerung verdient“

von Redaktion

Löwen-Verteidiger Daniel Wein über seine Rolle im Team und nostalgische Verbindungen

München – Bester Löwe im Derby gegen Türkgücü (2:2), Dauerbrenner bei 1860 seit dreieinhalb Jahren: Daniel Wein spielt immer, wenn auch auf unterschiedlichen Positionen. Das Interview vor dem richtungsweisenden Spiel gegen Viktoria Köln.

Daniel Wein, nicht immer ist es von Vorteil, wenn ein Fußballer viel Zeit hat zum Überlegen. Nach Ihrem Ballgewinn gegen Türkgücü hatten Sie einen langen Marsch durchs Mittelfeld vor sich. Was ging Ihnen durch den Kopf?

Ich hab’ gewartet, bis sich was ergibt. Sascha (Mölders) war, glaub ich, zugestellt. Daher hab ich gehofft, dass links oder rechts einer in die Gasse läuft . . .

Das war dann Fabian Greilinger, den Sie mit einem perfekt getimten Pass bedient haben. Kunst oder Routine?

Ach, das sah schwerer aus, als es war. Es war ja letztlich ein Ball über zehn Meter. Der Greile ist gut eingelaufen und hat ihn souverän reingemacht. Mit links rechts unten rein – das macht er auch im Training öfter.

Wie sehr freut es einen, wenn man dann am Montag in der kicker-Elf des Spieltags auftaucht, sogar als einziger 1860-Profi?

Das hab’ ich erst gar nicht mitgekriegt, aber es freut mich auf jeden Fall. Für mich war es das erste Mal in dieser Saison. Eine schöne Bestätigung.

Überhaupt scheint sich mal wieder ein altes Löwen-Grundgesetz zu bewahrheiten: Wein spielt immer. Von 1065 möglichen Minuten in dieser Saison haben Sie nur 30 verpasst. Sind Sie der Thomas Müller der Blauen?

(lacht) Ich weiß nicht, ob ich der bin – ich mach’ halt, was der Trainer von mir verlangt. Egal, wo er mich einsetzt. Ich glaube, man weiß, was man bekommt, wenn man mich aufstellt.

Im Sommer sagten Sie, dass Sie sich als Innenverteidiger noch einen Tick wohler fühlen als auf der Sechs. Haben Sie Ihr Repertoire erweitert, als Sie kürzlich für Marius Willsch rechts hinten aushalfen?

Würde ich nicht sagen. Rechtsverteidiger ist nicht so mein Ding. Klar, wenn einer ausfällt und mich der Trainer da hinstellt, dann gebe ich wie immer alles. Aber zentral fühle ich mich deutlich wohler. Im Zentrum kann ich den Ball nach rechts spielen oder nach links. Wenn du außen stehst, dann fehlt dir einfach eine Option.

Vor Ihrer vierten Saison bei 1860 hatten Sie erklärt, noch mehr Verantwortung übernehmen zu wollen. Wo in der Team-Hierarchie würden Sie sich derzeit ansiedeln?

Schwere Frage. Im Februar werde ich 27, spiele jetzt in der vierten Saison bei 1860 – ich denke, dass ich da auf einem guten Weg bin. Ich versuche mehr zu sprechen auf dem Platz, mehr Verantwortung zu übernehmen wie jetzt auch gegen Türkgücü. Ich denke schon, dass man sich auf mich verlassen kann.

Ist es ein indirektes Kompliment für Sie, dass der Verein dann doch keinen Ersatz für Tim Rieder geholt hat? Werten Sie das als Vertrauensbeweis?

Kann man so sehen, ja. Wobei der Trainer ja auch den Erde (Dennis Erdmann) zum Sechser umfunktioniert hat. Tim war natürlich ein herber Verlust, aber ich nehme die Rolle gerne an und streite mich jetzt mit Erde um den Platz (lacht).

Im Sommer hieß es ja Abschied nehmen von Ihrer Gangster-Gang um Efkan Bekiroglu, Herbert Paul und Timo Gebhart. War es für Sie ein Neuanfang im eigenen Verein?

Ist ja meistens so, dass im Sommer Spieler gehen, mit denen man gut ausgekommen ist. Ein paar vom letzten Jahr sind aber übrig geblieben – und mit den neuen Jungs komme ich auch gut klar. Das hat sich ganz gut geregelt. Der Trainer hat die Sitzordnung in der Kabine geändert. Jetzt ist Marco Hiller mein Nachbar, aber auch mit Semi Belkahia und Leon Klassen verstehe ich mich gut.

Kontakt zu den alten Gangster-Bros haben Sie aber schon noch, oder?

Ja, klar. Es gibt da noch eine WhatsApp-Gruppe, die recht aktiv ist . . .

Was erzählt denn Effe so aus der Türkei, Paul aus Kärnten und Timo aus Memmingen?

Effe fühlt sich relativ wohl bei Alanya: Läuft ja auch ganz gut für seine Mannschaft. Heppi in Klagenfurt fühlt sich auch wohl, und Timo . . . (prustet): Timo ist Timo. Der ist genauso verrückt, wie er bei 1860 war. Was der manchmal für Sachen reinschreibt . . . Ich glaub aber, es passt für ihn, weil er jetzt bei seiner Familie ist.

Sportlich läuft es ähnlich wie in der Rückrunde: Starker Beginn mit einer Ungeschlagen-Serie – plötzlich ersten Niederlagen und kaum noch Siege. Liegt das weiterhin an den fehlenden Zuschauern?

An den fehlenden Zuschauern kann man’s jetzt nicht mehr festmachen. Klar gibt es Spiele, wo uns die Fans extrem geholfen hätten. Wenn 15 000 auf den Rängen pfeifen, entscheidet der Schiedsrichter sicher die eine oder andere Szene anders. Ansonsten: Schwer zu sagen. Wir spielen meistens ganz gut, finde ich, aber im Moment fehlt uns manchmal auch das Glück. Nicht nur mit den Schiedsrichtern, auch wenn der Gegner das Dusel hat und aus einer Chance ein Tor macht, während uns dieses Glück manchmal fehlt.

Kein Team hat aber mehr Tore geschossen als 1860.

Ich will auch nicht sagen, dass es an der Offensive oder an der Defensive liegt. Vor allem zu Beginn der Saison haben wir einfach besser gepunktet – und Spiele drin gehabt wie das 6:1 gegen Halle.

Was sagt es über die Liga aus, wenn man nach nur zwei Siegen in neun Spielen noch oben dabei ist?

Mir war klar, dass das wieder ein relativ enges Rennen wird. Keine Mannschaft kann sich entscheidend absetzen. Für uns ist das gut im Moment, trotzdem täten wir gut daran, mal wieder drei Punkte zu holen.

Am Samstag geht es zu Viktoria Köln, wo am 33. Spieltag der letzten Saison der Quasi-Knockout im Aufstiegskampf erfolgte.

Da haben wir auf jeden Fall was gutzumachen. Auch für mich war das 0:2 in Köln eines der schlechtesten Spiele, das ich gemacht habe. Danach kommt Mannheim zu uns – auch da wäre mal ein Sieg fällig.

Für Sie selbst geht es auch darum, sich für eine Vertragsverlängerung zu empfehlen.

Die Gespräche laufen jetzt an. Ich bin positiv gestimmt, bringe meine Leistung und denke, dass ich mir eine Vertragsverlängerung verdient hätte.

Einmal Löwe, immer Löwe also?

Für mich spricht nichts dagegen. Ich komme aus München, hab schon in der Jugend fünf Jahre für 1860 gespielt. Ich fühle mich hier total wohl – im Verein, in der Mannschaft und in der Stadt.

Interview: Uli Kellner

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