Der Langlauf-Weltcup wird zur Farce

von Redaktion

Norweger, Schweden und Finnen fehlen – doch der Weltverband lehnt Absage ab

München – Peter Schlickenrieder zuckt am Telefon hörbar mit den Schultern. Der Verzicht der Top-Nationen Norwegen, Schweden und Finnland auf die Weltcups in Davos und Dresden mag ein schwerer Schlag für den Langlaufsport sein – für den Bundestrainer ist er nur „logisch“. Schlickenrieder schimpft seit Wochen über die „nicht coronataugliche“ Wettkampfplanung des Internationalen Skiverbandes FIS und sieht sich nun bestätigt.

Doch nicht jeder in der Szene verfügt über einen derartigen Gleichmut wie der Bayer vom Tegernsee, im Loipen-Zirkus brodelt es. Kein Wunder: Mit dem Rückzug der großen Langlauf-Nationen verkommt der Weltcup zum Muster ohne Wert; auch der erste Saisonhöhepunkt Tour de Ski im Januar droht zur Farce zu werden. Das schwant auch der FIS.

„Selbstverständlich ist es immer am besten, die besten Athleten am Start zu haben“, sagte Renndirektor Pierre Mignerey im norwegischen Rundfunk. Es sei aber „auch wichtig für die anderen Nationen, weiter Wettkämpfe bestreiten zu können.“ Eine Absage der beiden auf den Saisonstart im finnischen Ruka folgenden Stationen komme nicht infrage.

Auch Schlickenrieder will der Spur der Nordländer nicht folgen. „Wir sind perfekt vorbereitet“, sagt er. Und überhaupt: Ob der eine oder andere ausländische Spitzenathlet mehr oder weniger dabei sei, sei ihm „wurscht“.

Doch die betroffenen Verbände haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Aktuell könne man eine sichere An- und Abreise zu den Weltcup-Orten nicht gewährleisten, hieß es in der Mitteilung aus Schweden, das dem norwegischen Beispiel wie Finnland am Mittwoch folgte. Außerdem seien die Folgen einer möglichen Covid-19-Erkrankung für Spitzensportler unklar. „Keiner von uns ist bereit, dieses Risiko einzugehen“, sagte der schwedische Teamarzt Per Andersson.

Beim Weltcup-Auftakt in Ruka am vergangenen Wochenende hatten die Langläufer aus dem hohen Norden mit den norwegischen Stars Johannes Kläbo und Therese Johaug alle sechs Wettbewerbe gewonnen. Bei den Frauen gingen acht der neun Podestplätze an Skandinavien, bei den Männern holte Norwegen sechs.

Doch Maarit Valtonen, Chefärztin des finnischen Nationalen Olympischen Komitees, musste zugeben, dass die Corona-Blase vor Ort „nicht gehalten“ habe. Laut des norwegischen Langlaufchefs Espen Bjervig sei das Hygienekonzept auf dem Papier in Ordnung gewesen, seine Umsetzung aber „von Zufall geprägt“.

Deshalb wurden mit Blick auf die Tour de Ski Nachbesserungen angemahnt. Etwa mehr Platz in den Betreuer- und Interviewzonen oder eine strengere Maskenpflicht. Die Schweden kommen in dieser Sache am Freitag mit der FIS zusammen und wollen dann über ihre Teilnahme an den Rennen in der Schweiz und Italien entscheiden. Ähnlich hält es Finnland.

In Norwegen ist man schon weiter: Kläbo und Johaug werden auch die Tour de Ski auslassen und sich – Stand jetzt – voll auf die WM in Oberstdorf (23. Februar bis 7. März) konzentrieren.  sid

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