Der Plausch auf dem Rasen gehört dazu, der Inhalt aber war an diesem Samstagabend doch interessanter als sonst. „Viel Glück“ sagte Thomas Müller in Richtung RB-Trainer Julian Nagelsmann nach dem 3:3 der Bayern gegen Leipzig, der Blick der beiden Männer ging längst voraus. Auf morgen, wo es für den Vorjahreshalbfinalisten in der Champions League gegen Manchester United um den Einzug in die Runde der letzten 16 geht. Das ist das Mindestziel dieses Teams – und auch dessen Anspruch. Denn dass Leipzig auf dem Weg ist, dauerhaft spitze zu sein, hat es im Topspiel bewiesen.
Sogar Müller zittert also mit, wenn es um das Wohl des deutschen Fußballs geht. Während RB da in den letzten Jahren – ihren ersten in der europäischen Topklasse – als dritter Vertreter nebenbei lief, ist es spätestens seit der vergangenen Saison ein ernst zu nehmender Konkurrent. Einer, der an guten Tagen mit den Großen mithalten kann. Der sie an besonders guten ärgert. Und selbst an schlechten keine Laufkundschaft mehr ist. Kurzum: Leipzig ist inzwischen das, was Dortmund seit Jahren für sich beansprucht. Eine zweite Kraft in Deutschland.
Der Leipziger Auftritt in München war da keine Momentaufnahme, sondern ein Fingerzeig. Nicht nur, weil dem Team aus dem Osten bis dato noch kein einziger Treffer in der Allianz Arena gelungen war – und es am Samstag gleich drei Tore schoss –, sondern auch, weil dieses Remis das Resultat einer kontinuierlichen Entwicklung war. Zur Erinnerung: Auch die Leipziger Beine sind müde, für RB standen 2020 lediglich eine Handvoll Spiele weniger an als für die Bayern. Trotzdem bündelten sie die Kräfte, gingen Risiko, trauten sich endlich was zu in München. Daran, dass dieses Topspiel zu einem Spektakel wurde, hatten beide Teams ihren Anteil.
Solche Partien tun dem gebeutelten Fußball-Deutschland gut. Und man darf darauf hoffen, dass es sie in Zukunft öfter geben wird. Bremen, Stuttgart und Wolfsburg waren in diesem Jahrtausend Meister-Eintagsfliegen, der BVB aber hat als (halbwegs) konstanter Bayern-Herausforderer nun gute Gesellschaft. Noch hat er RB immerhin einen Sieg in München voraus. Den „landen wir dann in einem Jahr“, sagte Nagelsmann. Dafür allerdings wünscht ihm Müller dann doch kein Glück.
Hanna.Raif@ovb.net