Hauptstadt
In der Tabelle sieht das noch klar aus: Union steht auf einem internationalen Startplatz, Hertha BSC in der Anonymitätszone des Mittelfelds. Union hat 16 Punkte, Hertha 11. Doch mit dem 3:1-Derbysieg der „Alten Dame“ hat sich die Stimmungslage in Berlin verändert. Nicht nur wegen des Ergebnisses, sondern aufgrund einer Verletzungsmeldung: Max Kruse wird Union circa acht Wochen fehlen.
Der schlaue Offensivspieler, der für nahezu jede Bundesligamannschaft bereichernd wäre, hat sogar seinen Auftritt in der sonntäglichen Sendung „Doppelpass“ absagen müssen – obwohl er dafür ohnehin nicht nach München geflogen, sondern aus Berlin zugeschaltet worden wäre. Doch Union achtet darauf, dass sein wichtigster Mann auch beim Sitzen auf einem Stuhl keinen weiteren Schaden nimmt. Im hinteren rechten Oberschenkel hat sich der 32-Jährige einen Muskelbündelriss zugezogen. Klingt angesichts der Bilder, wie er Minuten auf dem Rasen gelegen war und danach kaum auftreten konnte und gestützt werden musste, noch akzeptabel – doch das (Kalender-)Jahr ist für Kruse gelaufen. Und das tut Union weh, weil das Spiel sich mit ihm verändert hatte, raffinierter geworden war, weg von den langen Bällen in die Spitze. An der Hälfte der 22 Tore war Kruse beteiligt, zudem ist er als Elfmeterschütze eine Bank.
Er wird in der Offensive fehlen – und am anderen Ende des Felds wird eine Baustelle eröffnet. Der bislang solide bis gute Torhüter Andreas Luthe war bei zwei Treffern der Hertha nicht auf der Höhe. Nun gehen die Diskussionen los, weil man in Loris Karius den eigentlich prominenteren Keeper auf der Bank sitzen hat. Ein Wechsel könnte bevorstehen.
Und Hertha? Profitierte davon, dass der Unioner Robert Andrich vom Platz gestellt wurde und sich fast 70 Minuten Überzahl ergaben. Matchwinner war dann Krzysztof Piatek, der in der zweiten Halbzeit ins Spiel kam und so sauer war über seine anfängliche Nichtberücksichtigung, dass er zwei Tore schoss. Er belebte Herthas Spiel im Max-Kruse-Style.
Arminia Bielefeld
Blicken wir zurück auf den 2. Spieltag. Wer war Sechster? Arminia Bielefeld. Mit vier Punkten, resultierend aus einem 1:1 in Frankfurt und einem 1:0-Heimsieg gegen den 1. FC Köln. Was für eine Effektivität. Dumm nur, dass in den folgenden sieben Runden kein Punkt dazu kam – und eine Bilanz von 4:18 Toren. Sieben Spiele am Stück verlor der Aufsteiger, der in der 2. Liga noch so überzeugend aufgespielt hatte. Nun die Erlösung; 2:1 gegen Mainz.
Das mus man den Arminen lassen: Sie gewinnen gegen die Richtigen und vergeuden ihre Energie nicht an irgendwelche überraschenden Erfolge. Zur Wahrheit der Siebener-Serie gehört auch, dass zu den Kontrahenten die Bayern, Dortmund, Leipzig und Leverkusen zählten. Bis zum Jahresende haben die Bielefelder für sie greifbare Gegner: in Freiburg, auf Schalke, gegen Augsburg. Der Ergebnis- und Torkrise begegnete Trainer Uwe Neuhaus mutig: Neben Fabian Klos stellte er im Angriff Sven Schipplock einen robusten Mann, der die Mainzer Abwehr zermürbte und so Platz schuf für den quirligen Japaner Ritsu Doan, der das 2:0 (Endstand 2:1) erzielte. „Zwei Zielspieler“ (Neuhaus) könnten das neue Rezept der Arminia sein.
Fußball und Kunst
Ja, ganz klar. Wie Baptiste Santamaria das Freiburger 1:0 durch Philipp Lienhart gegen Mönchengladbach (2:2) in die Wege leitete, das kann man in Endlosschleife anschauen – und es verliert seinen Zauber nicht. Per Fallrückzieher, den er sich quasi selbst auflegte. Das ist was Neues.
Den 25-jährigen Franzosen hat Freiburg sich eine Zehn-Millionen-Ablöse an SCO Angers kosten lassen – Vereinsrekord. Ein Spieler mit hohem Wiedererkennungswert – schon des Namens wegen. Da summt man das Lied („… Insel, die aus Träumen geboren“, Roland Kaiser, Original Oliver Onions). Plus: Baptiste als Vorname – eine religiösere Kombination gibt es nicht. Und kicken tut der Herr auch gut. GÜNTER KLEIN