Alle gegen Keller

von Redaktion

Löw und der DFB-Präsident im Reinen – aber intern gibt es viele Widersacher

VON MANUEL BONKE

München – Die WM-Qualifikationsauslosung für das Turnier 2022 verfolgten die DFB-Oberen gemeinsam in der Verbandszentrale in Frankfurt. Bundestrainer Joachim Löw saß am Tischkopf, flankiert von seinen Co-Trainern Marcus Sorg und Andreas Köpke. Auch DFB-Präsident Fritz Keller und seine Kommunikationschefin Mirjam Berle hatten Platz genommen. Oliver Bierhoff, Direktor Nationalmannschaft und Akademie, lehnte lässig an der Heizung. „Gemeinsamer Blick in Richtung WM 2022“, lautete die Bild-Unterschrift dazu. Es fällt jedoch schwer, dem Deutschen Fußball Bund diese Kombination aus Text und Bild nach den jüngsten Querelen abzukaufen.

Von einem gemeinsamen Handeln war in der Führungsetage des Verbands jüngst keine Spur. Vielmehr erweckt die Außendarstellung den Eindruck, als seien alle gegen Keller. Stimmt dieser Eindruck?

Fritz Keller soll beim Bundestrainer während der Präsidiumssitzung am Montag vor einer Woche vorgefühlt haben, ob er sich einen Rücktritt nach der kommenden EM vorstellen könne. Löw empfand es als unglücklich, dass Keller dieses Thema während der Sitzung vor den anderen Präsidiumsmitgliedern ansprach. Genau das legte er Keller später noch einmal in einem Telefonat nahe. Für beide ist die Sache damit geklärt. Der Bundestrainer hat kein persönliches Problem mit Keller. Löw glaubt nämlich nicht, dass der Verbandschef besagte Details an die Öffentlichkeit durchgesteckt hat. Das gilt auch für Bierhoff.

Löw sieht, wie viele Widersacher der Präsident in den eigenen Reihen hat. Nicht umsonst kritisierte er am Montag: „Ich habe mich sehr darüber geärgert, dass viele Dinge nach der ersten Pressemitteilung an die Öffentlichkeit geraten sind – von wem auch immer. Das hat mich maßlos enttäuscht.“ Es liegt daher der Verdacht nahe, dass ein Mitglied des mächtigen DFB-Präsidialausschusses die Informationen lanciert hat. Zu dem Gremium zählen neben Keller auch die Vizepräsidenten Rainer Koch (Vizepräsident Amateure), Peter Peters (Vizepräsident Profis), Schatzmeister Stephan Osnabrügge und Generalsekretär Friedrich Curtius.

Bisher war in erster Linie von einem Machtkampf zwischen Curtius und Keller die Rede. Das soll auch damit zu tun haben, dass der DFB-Präsident gerne auch die Einkünfte des Generalsekretärs offengelegt hätte, wogegen sich Curtius freilich sträubte – mit Erfolg. Offizielle Begründung: Curtius ist hauptamtlich angestellt und bekleidet kein Wahlamt. Andersrum möchte Keller Curtius – dem Vernehmen nach mit Unterstützung der Liga – aus dem Amt jagen.

Mittlerweile hat Keller aber nicht nur Curtius, sondern auch den restlichen Präsidial-Ausschuss gegen sich aufgebracht. Das hat mit Kellers Aktionismus zu tun, den DFB-Insider als etwas hemdsärmelig beschreiben. So wie nach der Pleite in Sevilla. Nach dem 0:6 rauschte er zunächst in die Mannschaftskabine, um dort vor der Mannschaft seine Brandrede zu halten. Peters, Osnabrügge und Koch warteten derweil ahnungslos im Shuttle-Fahrzeug. Keller gab den eitlen Funktionären damit das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Die Konsequenzen seines Verhaltens bekam er nun prompt zu spüren.

Mancher prophezeit daher Anfang 2021 ein Misstrauensvotum gegen den Präsidenten. Ans Aufgeben denkt der (noch) nicht. Viel mehr gibt er sich kämpferisch und fordert „Geschlossenheit – auf allen Ebenen“. Ob das reicht? Zumindest die Vertreter der Profi-Ligen weiß Keller hinter sich.

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