Neuverteilung der TV-Gelder

Angst vor der Revolution

von Redaktion

HANNA RAIF

Unter normalen Umständen wäre der Aufschrei sofort da gewesen. Weil der DFB am Montag aber der DFL die Show gestohlen hatte, kamen die Reaktionen auf die neue Verteilung der TV-Gelder im deutschen Fußball halt gestern, mit einem Tag Verspätung. Sie waren so, wie man sie erwartet hat. Die Vereine äußerten sich kritisch bis diplomatisch. Von Fanseiten gab es nur Misstöne. Beides verständlich – und passend zum Plan der DFL: allen ein bisschen, niemandem zu viel geben.

Guten Willen hat der Dachverband mit dem neuen „Viersäulen-Modell“ bewiesen, nicht mehr und nicht weniger. Was Seifert da am Montag präsentiert hat, war ein durchdachtes Konstrukt mit vielen guten Ansätzen. Es wird im Kern aber nichts an den Machtverhältnissen in den Profiligen ändern. Die „neuen Impulse“, von denen der DFL-Chef sprach, sind bewusst gesetzt worden, aber selbst in Summe und auf mehrere Jahre angelegt marginal. Sie werden den Kleinen helfen, ein wenig besser durch die Krise zu kommen, während sie den Großen nicht wehtun. So ist die Schärfe, die diese Debatte in den vergangenen Wochen begleitet hat, erst mal gemildert. Die DFL aber muss sich trotzdem fragen, ob sie nicht eine Chance vertan hat, die es so noch nie gab.

Demut, Umdenken, Besinnen auf die Wurzeln – das waren Schlagworte, die der Fußball zu Beginn der Corona-Krise selbst gesetzt hat. Dass von all diesen richtigen Überlegungen ein Dreivierteljahr und eine noch schlimmere Corona-Welle später wenig geblieben ist, haben nicht nur diverse Vertragsverhandlungen und Transfers, sondern nun auch die TV-Geld-Debatte gezeigt. Schon der Ausschluss der „Aufmüpfigen“ beim von Karl-Heinz Rummenigge initiierten Treffen von 14 Bundesligisten hatte ein Gschmäckle. Und Seifert dreht die gegebenen Umstände nun einfach um. Keine Zeit für eine Revolution, sagt er, sei in stürmischen Zeiten wie diesen. So kann man es sehen – wenn man es gemütlich will.

Verständnis kann man für alle Seiten haben, jeder hat in diesem Tauziehen ums große Geld gute Argumente. Anders als die Premier League aber hat sich die DFL für das Leistungsprinzip entschieden. Statt rund 3,8:1 wird sich die Spreizung in den kommenden Jahren auf rund 2,9:1 zwischen dem Tabellenführer und dem Schlusslicht reduzieren. Sieht auf dem Papier nach was aus – wird der Spannung der Liga aber nicht zuträglich sein. Die einen freut das, die anderen eher nicht.

Hanna.Raif@ovb.net

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