München – Der letzte Eindruck, den man von Hansi Flick hatte, war jener vom Samstagabend. Nach dem 3:3 im Topspiel gegen RB Leipzig war der Trainer des FC Bayern nicht unbedingt guter Laune gewesen, hatte Abwehr wie Offensive kritisiert und sich schnell auf den Heimweg gemacht. „Enttäuscht“ sei er gewesen, gab Flick gestern zu, mit ein paar Tagen Abstand aber hat sich der Ärger relativiert. Flick blickt positiv auf die letzten vier Spiele des Jahres – und war sichtlich bemüht, vor dem abschließenden Gruppenspiel der Champions League heute Abend (21 Uhr) gegen Lokomotive Moskau gute Nachrichten zu verbreiten.
Als „sehr erfreulich, auch für die Fans“ verkaufte der 55-Jährige also das nahende Comeback von Alphonso Davies. Der Kanadier, der seit Ende Oktober wegen einer Bänderverletzung im Sprunggelenk pausieren musste, soll beim sportlich unbedeutenden Gruppenfinale im Kader stehen und auch spielen: „Ob von Beginn an oder noch nicht – mal sehen“, sagte Flick. Die Rückkehr des Dauerläufers entspannt die Lage in der zuletzt gebeutelten Abwehr sehr. Auch der gegen RB ausgewechselte Jerome Boateng und Lucas Hernandez, der die Partie angeschlagen verpasste, stünden wohl theoretisch bereit.
Flick allerdings wollte sich noch nicht festlegen, ob er einem seiner Stars – wie beim 1:1 bei Atletico Madrid – eine Pause gönnen wird. Man müsse „im Blick haben, dass der eine oder andere hochbelastet ist“, ob man aber „richtig durchwechseln wird“, wisse er noch nicht. Dabei ist die Partie gegen Moskau im Jahresendspurt die eigentlich letzte verbleibende Möglichkeit, Spieler zu schonen. In der Liga, wo noch Partien bei Union Berlin, gegen Wolfsburg und in Leverkusen anstehen, geht es doch deutlich enger zu.
Vergangene Woche blieben in Manuel Neuer, Leon Goretzka und Robert Lewandowski gleich drei Leistungsträger zuhause. Lewandowski ist offenbar erneut fraglich. Boateng, mit dem Flick im Abschlusstraining lange sprach, könnte spielen, genau wie Kingsley Coman. Ansonsten aber muss Flick eher schauen, eine konkurrenzfähige Truppe auf den Platz zu bringen. Die größte Baustelle ist – vor allem seit dem Ausfall von Javi Martinez – das Mittelfeld. Corentin Tolisso ist zwar zurück im Training, soll aber erst am Samstag eine Option sein. „Wir müssen bei ihm von Tag zu Tag schauen“, sagte Flick: „Genau wie bei Joshua Kimmich.“
Die Position neben Goretzka wird wohl Marc Roca einnehmen. Das Duo ist gefordert, „die Räume dichtzumachen“, denn es ist Flicks erklärtes Ziel, endlich weniger Gegentore zu kriegen als in den vergangenen Wochen. „Mit Nachdruck“, bestätigte Kapitän Manuel Neuer, arbeite man an den defensiven Schwachpunkten, die vor allem gegen RB eklatant waren. Das Spiel gegen Moskau läuft laut Flick da nicht außer Konkurrenz. Der Trainer betonte: „Wir wollen gewinnen – und unsere Serie in der Champions League ausbauen.“ Seit 16 Spielen ist der Triplesieger in der Königsklasse ungeschlagen.
Flick hat in der Vorbereitung übrigens das Leipzig-Spiel herangezogen – und sagte: „Manchmal ist es gut, ein Mal über die Dinge zu schlafen.“ Mit ein wenig Abstand habe er gesehen, dass nicht alles schlecht war. Noch so eine gute Nachricht. Sie kam auch bei seinem Team gut an. HANNA RAIF