Eine Reise ins Ungewisse

von Redaktion

Das Eishockey ist bereit für die nun beginnende DEL-Saison – Große Frage: Hält die Solidarität?

VON GÜNTER KLEIN

München – Was ist denn das für ein Bild? Ein Haufen junger Leute, einheitlich gekleidet, Mützen auf dem Kopf, Mund-Nasen-Schutz überm Gesicht, sodass man keinen mehr vom anderen unterscheiden kann. Die Schlümpfe mit Masken sind die Mitglieder der deutschen Eishockey-U 20-Nationalmanschaft. 25 Spieler, 13 Trainer und Betreuer. Sie machten sich am Sonntag auf den Weg nach Kanada. In Edmonton wird die WM gespielt, Ein herausragendes Ereignis im Eishockeyjahr, in Nordamerika höher bewertet als die richtige WM.

Man glüht vor Vorfreude – zu normalen Zeiten wäre es zumindest so. Diesmal ist es eine Reise ins Ungewisse, flankiert von Corona-Tests und Quarantäne. Nach Ankunft mussten alle für volle vier Tage auf die Einzelzimmer im Hotel. Die an Belastung gewohnten Sportlerkörper wurden auf Null heruntergefahren, und Geselligkeit war auch nicht angesagt. Und ohnehin schwingen die Bedenken mit: Wird es nicht doch noch einen positiven Test geben? Drei Spieler hatten sich im Verlauf der Vorbereitungswoche wegen Infektionen schon abmelden müssen. „Direkt in Füssen haben wir aber keinen Fall gehabt“, beruhigt U 20-Bundestrainer Tobias Abstreiter sich und die anderen. Das Turnier wird ab 25. Dezember gespielt – in einer Blase. Ohne Zuschauer.

Das Turnier unter strengen Hygienebedingungen und ohne Einnahmen aus dem Ticketing würde den Weltverband „ein Heidengeld kosten“, so der deutsche Verbandspräsident Franz Reindl, Ausrichter Kanada wolle daher im nächsten Jahr unter hoffentlich regulären Bedingungen noch einmal zum Zuge kommen. Doch es wird gespielt, das ist die Botschaft, die auch die Deutsche Eishockey Liga (DEL) verkünden will. Ihr Vorbereitungsturnier mit acht Teams hat sie über die Bühne gebracht, dabei aber darüber hinwegsehen müssen, dass Schwenningen und Berlin wegen Covid-19-Fällen in ihren Teams ausstiegen. München gewann schließlich durch ein 7:5 im Finale in Bremerhaven den MagentaSport Cup, EHC-Trainer Don Jackson dankte der Deutschen Telekom, „dass sie Eishockey in Deutschland wiederbelebt hat“. Das Turnier, das über einen Monat ging, setzte die bis vor kurzem noch unentschlossenen sechs Nicht-Teilnehmer unter Druck, eine neue Finanzierung für einen Geisterspielbetrieb aufzusetzen. In einer großen Solidaritätsaktion – Spieler und Trainer verzichteten auf bis zu 60 Prozent der Gehälter, Sponsoren hielten ihr Engagement aufrecht, Gesellschafter streckten sich – bekommt es die Liga hin, dass sie diesen Donnerstag startet.

Was man halt nicht weiß: Wird die Solidarität auch halten, wenn es zu sportlichen Streitigkeiten kommt? Zweifel sind angebracht, wenn man den Kleinkrieg zwischen Straubing und Ingolstadt verfolgt, der nach einem Testspiel entbrannte. Der Ingolstädter Neuzugang Daniel Pietta hatte sich im Zwist mit dem Straubinger Sena Acolatse eine Affen-Geste erlaubt. Acolatse ist einer der wenigen schwarzen Spieler in der DEL. Pietta, zu seiner Krefelder Zeit bei einer Aktion gegen Rassismus vorne mit dabei, wollte seine Geste auf die Straubinger allgemein bezogen wissen (Sie sollten sich nicht zum Affen machen), nicht auf Acolatse. Die DEL sperrte Pietta für neun Spiele, sprang eine Geldstrafe aus, auch Ingolstadt distanzierte sich von seinem Spieler, der als der wichtigste Neuzugang gilt. Sache vom Tisch? Nein, nun setzte Straubing nach: „Wir bedanken uns beim ERC Ingolstadt für die angekündigten arbeitsrechtlichen Schritte und werden mit Interesse verfolgen, wie auch von dieser Seite die gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrgenommen wird.“

Es wird absehbar eine schwierige Saison. In jeder Hinsicht. Aber es wird eine Saison. Beginnend einen Tag nach dem Lockdown. Ein gutes Datum wenigstens, um das Infektionsgeschehen in der DEL zu minimieren.

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