Allein auf weiter Flur

von Redaktion

Monobob wird olympisch – für die Pilotinnen wie Laura Nolte Fluch und Segen zugleich

VON HANNA RAIF

München – Altenberg, ausgerechnet. Laura Nolte gibt zu: „Am Anfang dachte ich: Das kann nicht wahr sein.“ Zehn Monate ist es her, dass die 22-Jährige bei der WM auf der Bahn im Erzgebirge schwer stürzte, das Aus beim Höhepunkt des vergangenen Winters nagte lange an ihr. Im kommenden Jahr aber, genauer gesagt Anfang Februar, muss sie wieder dort antreten. Die Welt-Titelkämpfe wurden Corona-bedingt aus Lake Placid nach Sachsen verlegt. Und diesmal, das weiß auch Nolte, geht es für die deutschen Pilotinnen um gleich zwei Goldmedaillen.

Erste Monobob-Weltmeisterin der Geschichte? „Das hört sich doch gut an“, sagt Nolte, und man merkt ihr an, dass sie das Streitthema der Bobszene mit Humor nimmt. Anders als die anderen deutschen Pilotinnen – etwa Olympiasiegerin Mariama Jamanka – macht sie ihrem Unmut darüber, dass die ungeliebte Disziplin ab 2022 olympisch sein wird, nicht ständig Luft, sondern hat sich entschieden, den Beschluss des IOC als Herausforderung zu sehen. „Es bringt doch nichts, das schlecht zu reden und darauf Energie zu verschwenden“, erklärt sie. Sie hat sich also damit abgefunden, neben dem Zweierbob nun auch die Monovariante lenken zu müssen – und sagt: „Es ist doch auch eine Chance, eine Medaille zu holen.“

So ist es, in eineinhalb Jahren in Peking und auch schon in eineinhalb Monaten in Altenberg. Bis dahin allerdings muss noch viel passieren, denn die Weltcup-Premiere am vergangenen Wochenende in Innsbruck war noch eine arg rutschige Angelegenheit. Nolte fuhr als beste Deutsche zwar auf Rang zwei, die fehlenden Fahrten im standardisierten Einer-Gerät – vor dem Rennen waren es genau drei – merkte aber auch sie. Alleine zu starten, das Gerät in Schwung zu bringen, ist die eine Sache. Die fehlende Geschwindigkeit im Vergleich zum Zweierbob aber sorgt zudem dafür, dass man in den Kurven weniger Druck hat und ins Schlittern kommt. Dass der Monobob eigentlich das Einstiegsgerät für Bob-Anfänger ist, weil er leichter zu lenken ist, merkte man in Innsbruck nicht. Nolte sagt sogar: „Für erfahrene Pilotinnen ist es schwerer, weil wir den Zweier gewohnt sind.“ Auch für sie selbst, obwohl sie bei den Olympischen Jugendspielen 2016 Gold im „Einer“ holte.

Heute allerdings zählt das nicht mehr, sagt Nolte. Denn das Gerät, in dem sie damals siegte, war ein „echter Einerbob“. Die Schlitten, die für die Olympia-Premiere von der Münchner Firma „Intex“ gebaut und standardisiert geliefert werden, bezeichnet sie nun als „kleine Zweierbobs“. Rund 22 000 Euro kostet einer, aber Geld ist dem IOC egal, wenn es um die Frauenquote bei Winterspielen geht. Mehr Disziplinen für weibliche Olympiastarter anzubieten, war das Ziel. Anstatt den Viererbob zu wählen, den einige Pilotinnen bereits gefahren sind, entschied man sich für die unlogische Variante: eine Disziplin olympisch zu machen, die es gar nicht gibt.

So muss nun alles schnell gehen. Im Rahmen der „Weltserie“ finden im Januar noch Rennen statt, das deutsche Team hat zudem zwischen den Jahren endlich Trainingsfahrten eingeplant. Auch Bundestrainer Rene Spies weiß, dass es noch einiges zu tun gibt, damit seine Mädels allein auf weiter Flur genauso gut performen wie mit einer Anschieberin im Rücken.

Nolte hat da in seinem Team einen entscheidenden Vorteil. Weil sie sich nach dem Sturz-Drama im Frühjahr heuer lediglich vorgenommen hat, „sturzfrei durch die WM zu kommen“, kann sie eigentlich nur positiv überraschen. Im Zweier – und im Einer.

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