München – Das neueste Bild in Karl Geigers Instagram-Profil ließ schon nichts Gutes ahnen. Mit Atemschutzmaske und ernstem Blick zeigte sich der Mann, der in den letzten Tagen Papa und nebenbei auch Skiflug-Weltmeister geworden ist. „Das Leben hält momentan wohl so einige Überraschungen bereit“, schrieb Geiger dazu, „manchmal leider auch nicht so gute.“ Man ahnt es: Der Oberstdorfer wurde positiv auf Corona getestet. Statt am Wochenende in Engelberg die Tournee-Generalprobe zu bestreiten, muss der 27-Jährige zu Hause bei seiner Familie in Quarantäne bleiben.
Und ist vom neuesten Dreh der wohl verrücktesten Tage seines Lebens schwer überrascht. „Ich habe keinerlei Symptome und habe mich immer an die Vorsichtsmaßnahmen gehalten“, erklärte er. Was das Testergebnis mit Blick auf die am 28. Dezember mit der Qualifikation in Oberstdorf beginnende Vierschanzentournee bedeutet, ist im Moment nicht abzusehen. Geiger wird sich regelmäßig testen lassen – unter welchen Bedingungen er auf seiner Heimschanze möglicherweise doch starten kann, wird erst in den nächsten Tagen geklärt. „Da dreht sich im Moment unheimlich viel“, sagte Ralph Eder, der Sprecher des Deutschen Skiverbandes (DSV).
Immerhin scheint das Hygienekonzept des DSV soweit gegriffen zu haben, dass kein anderer Athlet auffällig wurde. Alle anderen Tests im Team seien negativ ausgefallen, teilte der Verband gestern mit. Bundestrainer Stefan Horngacher hatte im Vorfeld der Skiflug-WM in Planica betont, das der deutsche Tross sich die strengsten Vorgaben im Skisprungzirkus auferlegt hat. Einzelzimmer in den Hotels, maximal zwei Personen in einem Fahrzeug – man wahrt strenge Distanz.
Das Ergebnis spricht zumindest bislang für sich. Während bei Nachbar Österreich in dieser Saison schon neun Athleten bei Tests auffällig wurden, ist Geigers Fall der erste in der deutschen Springerabteilung seit Ausbruch der Pandemie. Geigers Kumpel Markus Eisenbichler hatte zuletzt die unterschiedliche Herangehensweise verschiedener Nationen kritisiert: „Wenn sich Leute nicht so an die Vorgaben halten, dann ist es irgendwo selbst verschuldet.“
Karl Geiger hatte sich am vergangenen Samstag zum Skiflug-Weltmeister gekrönt. Zwei Tage später hatte Ehefrau Franziska das gemeinsame Töchterchen Luisa zur Welt gebracht. „Das war dann wohl diese perfekte Woche, von der immer erzählt wird“, schwärmte er da noch voller höchster Euphorie. Nun wurde er ziemlich jäh aus den Hochgefühlen gerissen.
Für die deutschen Springer wäre ein Tournee-Aus für Geiger ein schwerer Schlag. Der Oberstdorfer war im Verlauf des bisherigen Winters neben Markus Eisenbichler die zweite große Trumpfkarte. Natürlich auch in den Planungen für die Vierschanzentournee, wo er im Vorjahr als Dritter (hinter dem Polen Dawid Kubacki und Marius Lindvik aus Norwegen) dem ersten deutschen Tourneesieg seit Sven Hannawald 2002 schon ziemlich nahe gekommen war.
Unabhängig von der Zwangspause für den Skiflug-Weltmeister holte Stefan Horngacher für die als Generalprobe stets hoch bewerteten Springen in Engelberg auch David Siegel in sein Aufgebot. Der 24-Jährige hatte nach seinem Kreuzbandriss zuletzt mit dem B-Kader bei Trainer Christian Winkler trainiert. Im Rennen um einen Startplatz in Engelberg setzte sich Siegel nicht zuletzt auch gegen den beharrlich schwächelnden Richard Freitag durch.