Lewandowski am Ziel der Träume

von Redaktion

Bayern-Stürmer Weltfußballer, Neuer bester Keeper – aber Klopp schlägt Flick

VON HANNA RAIF UND JONAS AUSTERMANN

München – In Rekordzeit hatte Robert Lewandowski sich am Mittwochabend umgezogen. Die Trainingsjacke an, den Rucksack auf – der Pole sah nach seiner Gala beim 2:1 des FC Bayern gegen den VfL Wolfsburg ein bisschen aus wie ein braver Schuljunge. „Zweimal getroffen, drei Punkte“, sagte er nüchtern, bloß keine Starallüren. Dass da ein Mann sprach, der keine 24 Stunden später Weltfußballer sein würde? In diesem Moment nicht zu sehen.

Gestern, an seinem Abend, sah Robert Lewandowski dann doch anders aus. Bestens gestylt war er an dem Tag, der in die Geschichte als seine persönliche Krönung eingehen wird. Ein lilafarbener Smoking, dazu eine Fliege – und in der Hand: Die Trophäe, nach der er schon so lange lechzt. „Das ist ein großer Tag für mich und meinen Verein“, sagte der 32-Jährige, während die geschlagenen Lionel Messi und Cristiano Ronaldo gelangweilt drein blickten. Er widmete den Sieg „meinen Kollegen, dem Trainer, dem Staff“ – und sagte: „Es ist ein wunderschönes Gefühl. Egal, woher du kommst, egal, wie du heißt –das Wichtigste ist, was du auf dem Platz zeigst.“

Haushoher Favorit auf den begehrtesten Einzeltitel der Fußballwelt war er gewesen, nun aber hat er sich tatsächlich durchgesetzt. Als erster Bundesliga-Spieler überhaupt wurde Lewandowski gewählt, der Stolz war ihm anzusehen. Genau wie Manuel Neuer, der gegen Wolfsburg ebenso überragend war und Welttorhüter wurde. Lediglich Hansi Flick konnte sich nicht durchsetzen: Trainer des Jahres ist wie im Jahr 2019 Jürgen Klopp, mit dem FC Liverpool Meister, aber im Champions-League-Achtelfinale ausgeschieden.

Flick und Klopp waren bei der Entscheidung beide im Bild – und sichtlich überrascht. Ein erneutes Titel-Triple ist es für den FC Bayern knapp vier Monate nach dem Sieg in der Champions League also nicht geworden, aber zumindest ein Double. Zudem stehen Lewandowski, Joshua Kimmich und Alphonso Davies in der Weltelf 2020. Damit war der deutsche Rekordmeister der wichtigste Club der Gala in der FIFA-Zentrale von Zürich, die diesmal virtuell stattfand.

Bei der Weltfußballerwahl war bisher ein zweiter Platz von Oliver Kahn im Jahr 2002 das Optimum für Bayern gewesen, nun stellte man gleich zwei Champions. FIFA-Präsident Gianni Infantino war bereits ein paar Stunden vor Beginn der Awards am Münchner Flughafen gesehen worden. Er wollte Lewandowski – den einzigen Spieler neben Luka Modric (2018), der sich seit 2008 gegen Messi und Ronaldo durchsetzen konnte – persönlich ehren. Die Überraschung gelang. Schon im Gang an der Säbener Straße wurde applaudiert, als Infantino sich auf den Weg zum wartenden Lewandowski machte. Da wusste auch er Bescheid.

Der Starstürmer hatte am Abend zuvor mit seinen Bundesliga-Treffern 250 und 251 ja noch einmal Werbung für sich gemacht, genau wie Neuer, der die Bayern mit seinen Paraden vor einer empfindlichen Niederlage bewahrt hatte. Die Wahl war da freilich schon längst entschieden, trotzdem passt die derzeitigen Form des Duos zur gestrigen Auszeichnung. Beide sind auf ihren Positionen das Maß aller Dinge. „Wenn Lewandowski nicht Weltfußballer wird, glaube ich der FIFA gar nichts mehr“, hatte der einzige deutsche Weltfußballer Lothar Matthäus (1991) nach der Partie gesagt. Als Bilanz des letzten Heimspiel-Abends blieb für die Bayern: Wer vorne Lewandowski hat und hinten Neuer, ist kaum zu besiegen.

Neuer sprach gestern von „einem meiner besten Jahre“, Lewandowski erinnerte sich noch einmal zurück an den Coup von Lissabon. Damals, nach dem Finalsieg gegen Paris, habe er „dieses Gefühl bekommen, das besagt: Egal, wie lange du arbeiten musst, du musst immer daran glauben.“ Das war auch gestern wieder da. Bei diesem Mann im lila Smoking. Von wegen Schuljunge!

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