München – Für einen Moment waren die Bayern wieder in Lissabon. Als Robert Lewandowski die Münchner am Samstag in der 93. Minute zum 2:1-Sieg in Leverkusen und damit zur Weihnachtsmeisterschaft geschossen hatte, gab es kein Halten mehr. Auf dem Feld stürzte sich David Alaba auf den Polen, auf der Bank Hasan Salihamidzic auf Hansi Flick.
Bilder, die an jenen unvergesslichen Abend des 23. August in der portugiesischen Hauptstadt erinnerten, als sich der Rekordmeister erneut Europas Krone aufsetzte. Der Triumph gegen die Werkself vier Monate später war nun der würdige Schlusspunkt für 2020, das man an der Säbener Straße auch aufgrund der Begleitumstände durch Corona nie vergessen wird. Das sieht auch Karl-Heinz Rummenigge in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des amtierenden Champions-League-Siegers so. „Das Jahr fing gut an. Es musste auch gut enden“, resümierte Rummenigge im Doppelpass.
Die Emotionen nach dem Last-Minute-Erfolg in Leverkusen riefen bei ihm folgende Bilder hervor: „Das war wie unterm Weihnachtsbaum, wenn du die Geschenke aufmachst.“ Wenn Hansi Flick mit seiner Familie um den Christbaum sitzt, werden auch ihm die ganzen Bilder des Jahres 2020 noch mal kommen. Das erste Spiel vor leeren Rängen bei Union Berlin, der Konfettiregen am Lissabonner Nachthimmel, Robert Lewandowski, der den Weltfußballertitel in Händen hält – es sind Erinnerungen, die nicht mehr zu löschen sind aus Flicks Gedächtnis.
Und für die er sich nach der letzten Heldentat des Jahres auch noch mal bei seiner Mannschaft bedanken wollte. „Das ist der Abschluss, den wir uns alle gewünscht haben“, setzte Flick an. 2020 sei ein „fantastisches Jahr für den FC Bayern und diese Mannschaft“ gewesen, die ihn so kurz vor Weihnachten sogar noch melancholisch stimmte: „Wir sind über ein Jahr zusammen. Im Sommer gab es den ein oder anderen Wechsel, aber uns Trainer macht die Arbeit mir dieser Mannschaft unheimlich Spaß. Ich bin für jeden Tag und jede Stunde dankbar und werde mein Leben lang nicht vergessen, was diese Spieler mir und meinen Trainerkollegen geben.“
Thomas Müllers Jahresfazit durfte natürlich auch nicht fehlen. „Es war eine Art Finale. Wir wollten zeigen, dass wir die beste Mannschaft Deutschlands sind. Aber man hat gesehen, dass uns Leverkusen auch verwunden konnte“, gab der 31-Jährige zu und fügte an: „Es geht aktuell nicht einfach von der Hand, aber wir haben auch Nehmerqualitäten. Das Ende passt zu einem Hollywood-Film. Es passt zu unserem Jahr.“ Damit es 2021 kein böses Erwachen gibt, müssen die Münchner in der Mini-Winterpause bis zum ersten Termin im neuen Jahr daheim gegen Mainz aber gerade im Defensiverhalten an der ein oder anderen Stellschraube drehen. Gegen Leverkusen gerieten die Bayern zum siebten Mal in Folge in Rückstand in der Bundesliga, konnten allerdings auch zum siebten Mal in Folge zurückkommen (vier Siege, drei Remis).
Flick weiß um die Anfälligkeit seiner Hintermannschaft, gab seinem Team nach dem erfolgreichen Schlussakkord in Leverkusen aber erst mal den Befehl zum Füße hochlegen. „Es ist eine kleine Pause, ein bisschen mehr als eine Woche. Da werden wir dann alles analysieren. Ich genieße jetzt einfach den Moment. Diese Gegentore müssen wir abstellen, aber das hat Zeit“, meinte der Cheftrainer. Sportvorstand Hasan Salihamidzic ergänzte: „Die Mentalität, die diese Mannschaft hat, hat sie das ganze Jahr schon beweisen. Ich muss allen ein Riesen-Kompliment machen. Wir brauchen jetzt in paar Tage Ruhe. Dann wollen wir wieder angreifen, wir haben zwar große Konkurrenz. Aber wir wollen alles verteidigen.“
2021 kann kommen.