Althaus beklagt das Schattendasein

von Redaktion

Die Skispringerin fordert mehr Gleichberechtigung in der spektakulärsten nordischen Sparte

Köln – Die Skispringer fliegen ab der kommenden Woche bei der Vierschanzentournee vor einem Millionen-Publikum am Fernseher – die Skispringerinnen gucken in die Röhre. Die Skispringer kürten gerade Karl Geiger zum Weltmeister im Fliegen – die Skispringerinnen haben Flugverbot. Die Skispringer haben in diesem Winter schon acht Weltcups absolviert – die Springerinnen am Freitag ihren ersten und bis Ende Januar letzten.

Kurzum: In keiner Wintersport-Disziplin ist die Gleichberechtigung derart auf der Strecke geblieben wie in der spektakulärsten. Und deshalb begehren die Springerinnen immer lauter auf. „Wir sind dabei, uns hochzukämpfen. In den vergangenen Jahren haben wir viel erreicht“, sagte Vizeweltmeisterin Katharina Althaus im Sporthilfe-Magazin „go!d“.

Doch der Status quo reicht der Oberstdorferin nicht: „Skifliegen gibt es für die Damen ebenso wenig wie eine Vierschanzentournee, obwohl ein Agreement der vier Tournee-Orte besteht und die Sponsoren ihre Bereitschaft signalisiert haben.“

Warum ausgerechnet in der populärsten Skisprungzeit zwischen den Jahren, wenn die Männer zwischen Oberstdorf und Bischofshofen mitten ins Medieninteresse fliegen, der Frauen-Weltcup pausiert, will Althaus nicht in den Kopf. „Mir hat niemand ein stichhaltiges Argument genannt, warum der Frauenwettbewerb nicht parallel oder einen Tag versetzt zu dem der Männer stattfinden kann“, sagte sie dem „Focus“.

Dabei hätte es gerade für Althaus ein schöner Winter sein können. Die Weltmeisterschaft findet im Februar in ihrer Heimat Oberstdorf statt, mittlerweile haben die Skispringerinnen dort vier Titelchancen: Das Normalschanzen-Einzel gehört seit 2007 zum Programm, seit 2013 das Mixed-Team, seit 2019 das Frauen-Team, und in Oberstdorf geht es erstmals auf die Großschanze.

Doch gerade die laufende Saison verdeutlicht das Randdasein des Frauenspringens – für Althaus war es ein Highlight, dass am Freitag überhaupt mal wieder ein Wettkampf stattfand: „Mega, endlich, nach so langer Zeit.“

Selbstverständlich war das nicht: Coronabedingt waren die ersten drei Weltcup-Stationen abgesagt worden, anders als bei den Männern ist die Suche nach Ersatzausrichtern maximal schwierig – dass Ramsau kurzfristig einsprang, war ein Segen. Andernfalls hätten die Springerinnen am 23. Januar ihren ersten Weltcup bestritten – zwei Monate nach den Männern.

Umso lauter werden die Forderungen, den Frauen-Kalender wie im Biathlon mit jenem der Männer zu synchronisieren – inklusive Frauen-Vierschanzentournee. „Ein praktikabler Weg bei der Tournee wäre am Qualifikationstag der Männer zwei Durchgänge der Damen anzuschließen“, sagt Frauen-Bundestrainer Andreas Bauer. Bei der Raw Air in Norwegen, der zweiten großen Sprungserie, sind die Frauen bereits seit 2019 mit dabei.

Doch mit einer Frauen-Tournee wäre es nicht getan. Da wären die Preisgelder – die Frauen kassieren nur ein Drittel der Männer-Prämien. „Die Frauen machen genauso einen Wettkampf wie wir, sie bringen die gleiche Leistung und sollten dafür eigentlich das gleiche kriegen“, sagt Karl Geiger.

Schließlich bleibt der unerfüllte Traum vom Fliegen. Der Ski-Weltverband FIS wehrt sich vehement gegen Frauen-Wettbewerbe auf Flugschanzen. „Die FIS hat offenbar Angst davor, dass die Frauen zu stark werden“, sagt Althaus: „Auf den Monsterbakken wäre nämlich deutlich geworden, dass die Besten den ganz großen Schanzen absolut gewachsen sind. Vielleicht würde sich dort zeigen, dass Frauen gegenüber Männern sogar Vorteile haben und weiter fliegen.“  sid

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