Der Deutsch-Österreicher aus dem US-Basketball

von Redaktion

Trainer Martin Schiller will im Gastspiel beim FC Bayern zeigen, dass mit seinem Team Zalgiris Kaunas zu rechnen ist

VON PATRICK REICHELT

München – Vergangene Woche hat Martin Schiller mal wieder die andere Seite seiner Profis von Zalgiris Kaunas erlebt. Binnen von drei Tagen wurden mit Saski Baskonia (92:73) und Fenerbahce Istanbul (99:62) zwei Schwergewichte der Euroleague schwer verprügelt. Die Siege Nummer sieben und acht für den litauischen Traditionsverein. Man ist wieder in Fahrt, pünktlich zum heutigen Duell mit dem FC Bayern (18.00 Uhr/Magentasport). Martin Schiller, der Erfolgscoach reibt sich entsprechend zufrieden die Hände. „Vom Etat her stehen wir unter den drei schwächsten Teams der Euroleague und sind trotzdem Achter“, sagte er, „aber wir haben gezeigt, dass in dieser Liga jeder jeden schlagen kann. Wir können hoch zufrieden sein.“

Zumindest reicht es aus, dass sie ihm in Litauen zu Füßen liegen, diesem Mann, der in Basketball-Europa bislang irgendwie unter dem Radar geblieben war. Vielleicht liegt es ja ein bisschen daran, dass dieser Martin Schiller nirgends so vollends zu verorten ist. Geboren wurde der 38-Jährige in Wien als Sohn eines Österreichers und einer Britin. Aufgewachsen ist er in Hamburg. Und so klingt er auch. Anders als seine Geschwister hat er den rot-weiß-roten Pass. Doch: „Ich fühle mich als Deutscher.“

Und zumindest war Deutschland auch seine erste sportliche Heimat. Sieben Jahre ist er Assistenztrainer gewesen bei den Artland Dragons und Riesen Ludwigsburg. Was genug war, dass die Organisation der Utah Jazz auf Schiller aufmerksam wurde. Drei Jahre lang hat er das Jazz-Farmteam Salt Lake City Stars befehligt. Brachte es dabei auch zum Trainer des Jahres in der G-League.

Vielleicht wäre es logisch gewesen, von diesem Punkt, den Weg in die NBA an´zutreten. Doch da sprach eben ausgerechnet Zalgiris Kaunas bei ihm vor. Ein Euroleague-Team, noch dazu im wohl einzigen Land Europas, in dem der Basketball sogar den Fußball weit in den Schatten stellt, das war eine Option, über die Schiller nicht lange nachdenken musste. Zumal man in Kaunas mehr wollte, als den schnellen Erfolg. „Die wollten einen Trainer, der den ganzen Verein weiter entwickelt“, sagte er.

Wobei sich auch der Erfolg bemerkenswert schnell einstellte. Obwohl das größte Kapital des Clubs fehlt, die 15000 Fans, die die Mannschaft ohne Pandemie nach vorne peitschen, startete Zalgiris mit sechs Siegen in die Euroleague durch, so stark wie noch nie in der Geschichte von Litauens Branchenführer. Den sechs Siegen folgten zwar sechs Niederlagen, auch begünstigt durch den Coronafall um Rokas Jokubaitis. Und doch zeichnet sich ab: Kaunas ist in ähnlicher Verfassung wie 2018, als der Verein über Platz sechs ins Finalturnier der Euroleague durchstartete.

Und nun also begegnet man den Bayern. Noch so einem Team, das weit besser dasteht als erwartet. Und dem Schiller auch zutraut, in den derzeitigen Tabellenregionen zu bleiben. „Sie sind sehr athletisch, sehr defensivstark. Ich sehe momentan keinen Anhaltspunkt, warum sie einbrechen sollten“, sagte er. Den Sieg würde er dem Team von Trainerkollege Andrea Trinchieri aber natürlich trotzdem gerne klauen. Zumindest kündigt er den Münchnern einen heißen Abnützungskampf an: „Ich denke nicht, dass es viele Punkte geben wird.“

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