Zugegeben, allzu viele Gründe gibt es nun auch wieder nicht, sich Österreichs Fußball zum Vorbild zu nehmen. Da muss man schon ein bisschen genauer hinschauen. Etwa auf den Weg, den ein Karim Adeyemi dort gegangen ist. Oder gehen konnte. 16 war er, als er, gerade aus Unterhaching gekommen, als Profi in der 2. Liga debütierte. In Deutschland wäre das damals gar nicht möglich gewesen. Inzwischen ist er 18 und hat 60 Pflichtspiele bei den Herren absolviert, davon drei für Red Bull Salzburg in der Champions League. Aktueller Marktwert: Neun Millionen.
Der Bursche hat seine Chance bekommen. Und genutzt. Genau so stellt sich Manni Schwabl, der als Präsident der SpVgg Unterhaching Adeyemis Talent früh erkannt und gefördert hat, Nachwuchsarbeit vor. Die in Deutschland höchstens halbherzig betrieben wird. In Nachwuchsleistungszentren wird zwar viel investiert, der Ertrag aber ist mäßig. Weil sich die gut ausgebildeten Burschen kaum im hochklassigen Herrenfußball beweisen dürfen. Ist natürlich auch schwer bis unmöglich, wenn man bei den Bayern einen Lewandowski, Kimmich oder Gnabry vor sich hat.
Flicks derzeit gefeierter Jugendstil bei Bayern ist dann auch leider nicht das Ergebnis guter Ausbildung, sondern ein Erfolg des Scoutings. Alphonso Davies kam mit 19 aus Kanada, Musiala und Mbi mit 16 vom FC Chelsea. Den echten Eigengewächsen werden, ehe sie oben ranschnuppern, die Top-Talente der Bundesliga-Konkurrenz vor die Nase gesetzt, wobei man durchaus spekulieren darf, ob für einen Fiete Arp oder Leon Dajaku der Weg bei ihren Ausbildungsvereinen in Hamburg oder Stuttgart nicht doch ein bisschen leichter und sinnvoller gewesen wäre.
So aber heben sie wenigstens die Quote der deutschen Talente in der 3. Liga, die laut Schwabl bei gerade mal acht Prozent liegt. Dabei sollte doch gerade diese Spielklasse dem Nachwuchs die Möglichkeit bieten, Spielpraxis im Profifußball zu sammeln. Dass die Vereine lieber auf Routiniers mit Erst- oder Zweitligaerfahrung setzen, ist für Schwabl ein Fehler im System. Weil sich kein Klub leisten kann, auf Dauer in der Drittklassigkeit zu verharren, das Überleben dort ist finanziell fast unmöglich. Das Ziel also kann nur sein, so schnell wie möglich in eine der beiden Bundesligen zu kommen, wo das Fernsehgeld deutlich üppiger fließt. Und das schafft man eben leichter mit Erfahrung als mit jugendlicher Leichtigkeit.
Und was wird dann aus den vielen Talenten, die Jahr für Jahr aus der Jugend herausquellen? Sitzen auf der Bank oder verschwinden in den Amateurligen. Kein allzu rentables Geschäft, weder finanziell noch sportlich, dem deutschen Fußball gehen viele Talente verloren, was sich in den U-Nationalteams schon auswirkt.
Irgendwann, unkt Schwabl, verlieren wir dann zweistellig gegen Österreich. Nun gut, wo weit wird es so bald nicht kommen, doch Fußball-Deutschland ist schon gefordert, sich Gedanken um die Zukunft zu machen. Der Nachwuchs braucht viel Spielpraxis, so, wie sie Karim Adeyemi in Österreich früh bekommen hat.
Dafür wäre die 3. Liga prädestiniert, doch die lässt man absaufen. Dabei wäre es das Gebot der Stunde, diese Spielklasse endlich zu dem zu machen, wofür sie gegründet wurde, zu einem Spielplatz für Talente. Doch dafür braucht sie finanzielle Anreize und deutlich bessere Unterstützung für Vereine wie Unterhaching, die konsequent auf den Nachwuchs setzen wollen. Der DFB aber baut lieber eine sündhaft teure Akademie und die Bundesligisten streiten sich darum, ob die Bayern nun im Vergleich zu Bielefeld das Drei- oder doch Vierfache der TV-Milliarden bekommen sollen.
Um noch mehr Hochbegabte aus Deutschland und der Welt aufkaufen und auf die Bank setzen zu können.
Deutsche Fußball-Talente haben es in Deutschland schwer – egal ob sie in der Bundesliga oder 3. Liga spielen