Nun hat die erste Corona-Krise der Vierschanzentournee also doch ein gutes Ende gefunden. Polens Springer durften nach zwei Negativtests gestern doch mittun. Was soweit, gar keine Frage, eine gute Nachricht ist. Das Saison-Highlight Tournee ist nur dann ein echtes Highlight, wenn es ein Kräftemessen der Allerbesten ist. Und wer würde daran zweifeln, dass Leute wie Kamil Stoch, Dawid Kubacki oder Piotr Zyla zu den besten Springern der Szene gehören?
Und doch wirft die Corona-Posse von Oberstdorf Fragen auf. 768 Tests verlangte das Organisationskomitee den für das Auftaktspringen akkreditierten Personen ab. Heraus kamen vier Beanstandungen. Hinter zweien steht nun ein dickes Fragezeichen. Auch der zunächst positiv getestete Physiotherapeut des deutschen B-Kaders darf ja auf die Rückkehr hoffen. Dass die verwendeten PCR-Tests auch fehlerhafte Ergebnisse bringen können, mag keine neue Erkenntnis sein. Doch wie kann es sein, dass die am Sonntag entnommene Probe des Polen Klemens Muranka auch bei zwei Nachprüfungen positiv ausfiel? Und warum wurde vom gültigen Hygienekonzept abgewichen, das bei einem Positivbefund eigentlich keine Gegentests mit Blick auf den laufenden Wettbewerb vorsieht. Auch beim Weltverband FIS, zunächst klarer Befürworter des Ausschlusses, waren die Zweifel am Montagabend schon so groß, dass man bei einer außerordentlichen Mannschaftsführersitzung schon einen fertigen Alternativplan zur Wiederzulassung des polnischen Teams vorstellte.
Die Vorkommnisse in Oberstdorf könnten schon für den weiteren Verlauf der Tournee Folgen haben. Denn was passiert, wenn bei den fälligen Reihentests in Garmisch-Partenkirchen oder Innsbruck weitere Athleten auffällig werden? Den betroffenen Teams könnte man unter den gegebenen Umständen den polnischen Weg mit zwei Nachtests kaum verweigern. Und man darf auch nicht vergessen, dass im weiteren Verlauf des Winters ja auch noch ein anderes Großereignis ansteht. Ende Februar ist die gesamte Nordische Elite mit Skispringern, Langläufern und Kombinierern bei der Weltmeisterschaft in Oberstdorf zu Gast. Dann muss ein Vielfaches an Athleten, Betreuern oder auch Medienvertretern die gleichen Abläufe durchstehen. Bei Vorkommnissen wie am Montag könnte dieses Wintersportfest schnell im Chaos versinken.
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