München – Jonathan Horne weiß noch genau, wo er von der Nachricht erfahren hat. 2016 war es, da weilte der Karateka bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro als Gast im Deutschen Dorf. Während der Spiele wurde bekanntgebeben, dass Karate in Tokio zum ersten und vorerst einzigen Mal ins olympische Programm aufgenommen wird.
„Es ist der richtige Schritt und wurde Zeit. Ein Traum für jeden Sportler“, sagt der 31-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung. Horne fand über seine Kindheitshelden Bruce Lee und Jackie Chan den Weg zum Kampfsport. Auch an einem Kung-Fu-Probetraining nahm er teil, „aber Karate hat mir besser gefallen: „Mich begeistert die Vielfalt, Schnelligkeit und Athletik. Gleichzeitig strahlt der Sport eine unglaubliche Ruhe aus, man braucht viel Disziplin.“ Horne feiert schnell Erfolge. 2002 wird er in den rheinland-pfälzischen Landeskader aufgenommen, seit 2004 vom Deutschen Karate Verband gefördert (DKV), 2005 Jugendweltmeister.
Mittlerweile kann der Pfälzer auch im Herrenbereich zahlreiche Europameisterschaften und einen WM-Titel – 2018 in Madrid in der Gewichtsklasse + 84 kg – vorweisen.
Horne zählt aktuell zu den besten Karateka der Welt. Logisch, dass auch der amtierende Weltmeister bei den Olympischen Spielen in Tokio nicht fehlen darf. Horne kämpft sich durch 19 Qualifikationsturniere, wird unter anderem bei einem Wettbewerb in Chile dieses Jahr zweiter und bucht sein Ticket für Tokio.
Natürlich sei auch er erst traurig gewesen, dass die Spiele verschoben wurden: „Aber es war die absolut richtige Entscheidung. So habe ich die Geburt meiner Tochter in Ruhe miterleben können, das waren ganz besondere Momente.“
Doch die Glücksmomente werden wieder getrübt. Der Karate Weltverband entscheidet, dass sich die Sportler für 2021 noch mal neu qualifizieren müssen. „Es war ein herber Schlag ins Gesicht“, sagt Horne, „Ich habe an 19 Qualifikationsturnieren teilgenommen, bin um die Welt gereist. Es waren zwei Jahre voller Strapazen.“ Nun soll die Europameisterschaft nächstes Jahr im Mai in Kroatien nachgeholt werden, im April gibt es einen zusätzlichen Wettbewerb in Marokko. Erst im Juni soll das Qualifikationsturnier stattfinden.
„Das ist schon alles sehr fragwürdig. So geht man einfach nicht mit Sportlern um“, sagt Horne: „Der Weltverband kann uns nicht erst sagen, dass wir qualifiziert sind und zwei Monate später heißt es: Nein, doch nicht. Das ist kein respektvoller Umgang.“
Der Kampfsportler hatte das Training vor Weihnachten reduziert, die Intensität runtergeschraubt. Nach den Feiertagen will Horne nun wieder „voll durchstarten.“ Für aktuelle Coronakrise hat der Oberfeldwebel – in der Sportfördergruppe der Bundeswehr – auch mit Blick auf Tokio 2021 einen klaren Wunsch: „Der Impfstoff muss für die ganze Welt zugänglich sind. Die Olympischen Spiele sind ein sportliches Fest für so viele Nationen. Die ärmeren Länder müssen auch Zugriff auf den Impfstoff bekommen.“
Horne weiß indes schon genau, wie das neue Jahr sportlich laufen soll: „Mein Plan? Die Quali überstehen und dann in Tokio Gold holen.“
NICO-MARIUS SCHMITZ,
JULIAN NETT