An Silvester hat es Geburtstag, beziehungsweise es jährt sich seine erste Erwähnung in der Fachliteratur. Von diesem SARS-CoV2 wussten wir Nichtvirologen am 31. Dezember 2019 alle noch nichts, als wir auf 2020 vorausblickten, ein Sportjahr mit Fußball-EM und Olympischen Spielen. Gerade Jahre sind schließlich die ereignisreicheren. Im Januar hörten wir öfter von diesem neuen Virus, es erschien uns aber doch noch so fern, im Februar kam es näher, doch wir glaubten, es würde vor unserem gewohnten Leben schon noch Halt machen wie Schweinegrippe und Rinderwahn. Und dann war März: In der ersten Woche noch Handshakes nach Interviews mit Sportlern, in der zweiten Woche Spiele ohne Zuschauer, ab der dritten gar nichts mehr. Nahezu weltweit. Nur in Weißrussland wurde trotzig Eishockey und Fußball gespielt, in den USA ritt man Galopppferde. Rund zwei Monate erlebte der durch ein (überfrachtetes) Termingerüst koordinierte Leistungssport die absolute Leere. Der große Sport, speziell der Fußball, der sich die Bemerkung, er sei die schönste Nebensache der Welt, gönnerhaft gefallen lässt, weil er sich für die Hauptsache hält, war auf einmal eine Nichtsache.
Man soll ja versuchen im Leben, aus allem etwas Positives zu ziehen. Diese Zeit im Frühjahr und eigentlich das ganze Jahr, sie konnten dem Erkenntnisgewinn dienen: Wie nachhaltig sind unsere Spitzensport-Konstrukte? Welch gesellschaftliche Relevanz haben sie? Sind sie für uns modernes Gladiatoren-Entertainment, oder sehen wir in ihnen den Antreiber für den Breitensport? Und in welchem Verhältnis stehen sie überhaupt zueinander, die Spitze und die Basis? Kommt die Mehrheit damit klar, dass sie Einschränkungen bei der Ausübung ihrer Passionen unterliegt, diejenigen, die mit ihrem Sport bestes Geld verdienen (so viel, dass es sich ihr Arbeitgeber gar nicht mehr leisten kann), aber von Ausnahmeregelungen profitieren?
Wir können diese Fragen noch nicht klären, und es gibt dazu ohnehin keine Einheitsmeinung. Zum Jahreswechsel ist nur gewiss, dass 2021 nicht schlagartig anders wird. Fußball-EM in vielen Ländern, Olympia in der heiteren Atmosphäre, die nur die Spiele für die „Jugend der Welt“ schaffen können? Abwarten, ob das alles so stattfinden kann. Und überhaupt: Ob lebendiger Sport vor Zuschauern wieder möglich sein wird und von dieser Möglichkeit dann auch alle Gebrauch machen, die das bis 2019 getan haben.
Wie das Sportjahr 2021 sein wird – man muss einfach eingestehen: Wir wissen es nicht.
Guenter.Klein@ovb.net