Edmonton/München – Tim Stützle und Florian Elias saßen an einem Tisch im Bauch der Halle Rogers Place in Edmonton, sie trugen „Team Germany“-Shirts, stellten sich den Fragen der über Zoom zugeschalteten internationalen Presse und wirkten kein bisschen traurig nach dem Aus im Viertelfinale bei der Eishockey-U 20-Weltmeisterschaft. „Eine Niederlage kann ich eigentlich nicht akzeptieren“, sagte der deutsche Jungstar Tim Stützle (18), „aber wenn ich verliere, dann lieber 1:2 gegen Russland als wie neulich gegen Kanada.“ Das Ergebnis aus dem zweiten Vorrundenspiel (2:16) ließ er unausgesprochen. Es war ja auch unter widrigsten Umständen zustande gekommen: Wegen neun Corona-Fällen im Kader hatten die Deutschen am zweiten Weihnachtsfeiertag nur 16 Spieler übrig, wohingegen WM-Gastgeber Kanada allein schon 20 Erstrunden-Erwählte der NHL aufbieten konnte. Diesen hohen Status hat von den Deutschen nur Stützle.
Nun denn, die WM hat für die Vertretung des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) noch eine Wendung zum Guten genommen. Obwohl bis zuletzt immer noch ein Spieler (Jakub Borzecki aus der Lieferinger Red-Bull-Akademie) unter Quarantäne gestellt war, nachdem die anderen das Okay für eine Rückkehr aufs Eis bekommen hatten (nach Training auf den Hotelzimmern), bot das Team von Trainer Tobias Abstreiter Russland einen großen Kampf. „Wir hatten die Russen am Wackeln“, befand Abstreiter.
Ärgerlich war halt, dass man 0:1 in Rückstand geriet, als man Überzahl hatte und der Paradesturm mit Stützle, Elias und dem Münchner John-Jason Peterka auf dem Eis stand. Doch mit dem 1:2-Anschluss durch Elias (44.) waren die Deutschen wieder im Rennen, Elias hatte den Ausgleich auf dem Schläger, ebenso Joshua Samanski. In der Schussbilanz (27:19) waren die Russen nicht dramatisch überlegen wie bei früheren Duellen. „Die Deutschen“, lobte Russlands Trainer, die Legende Igor Larionow, Sowjetstar der 80er-Jahre, „hatten eine dichte Defensive.“
„Zum ersten Mal war eine deutsche U 20 in einem WM-Viertelfinale“, erinnerte Stützle. „Wir haben vier starke Spiele gezeigt“, fasste Abstreiter zusammen: 3:5 gegen Finnland, die Siege über Slowakei (4:3 n.V.) und Schweiz (5:4) sowie das respektable 1:2 gegen Russland bildeten das Gegengewicht zum Negativerlebnis Kanada. „Die Enttäuschung über das Ausscheiden wird weichen, der Stolz bleiben“, so Abstreiter.
Die Fachwelt staunte jedenfalls über die Deutschen, die im Nachwuchseishockey bislang keine Rolle spielten. Tim Stützle erklärte den Aufschwung: „Viele von uns sind schon im Profihockey, wir spielen gegen Ältere, und von den Veteranen können wir viel lernen.“ GÜNTER KLEIN