Kiel – Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther fieberte vor dem Fernseher mit, die Fans versammelten sich zum mitternächtlichen Hupkonzert vor dem Stadion, und am Morgen danach zeigte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer im Rathaus Flagge – im wahrsten Sinne des Wortes. Der Ministerpräsident – „ich habe laut mitgebrüllt“ – vergaß sogar für einen Abend seine Mitgliedschaft beim FC Bayern.
Mit dem 6:5-Sensationssieg im Elfmeterschießen gegen den Champions-League-Gewinner versetzten die Zweitliga-Profis von Holstein Kiel die Menschen in der Hauptstadt des nördlichsten deutschen Bundeslandes in einen unerwarteten Freudentaumel. Zwei gebürtige Kieler – Trainer Ole Werner und Torschütze Fin Bartels – waren dabei die Schlüsselfiguren.
„Es ist schön, dass wir den Leuten eine Freude machen konnten in Zeiten, die uns allen viel abverlangen“, sagte der Coach, die rund 300 Holstein-Fans dankten es ungeachtet ihrer Begeisterung mit diszipliniertem Verhalten. Laut Kieler Polizei verlief die spontane Open-Air-Party Corona-konform und friedlich.
Viel lieber hätten sie natürlich auf den Tribünen gefeiert und speziell Bartels hochleben lassen. Denn der langjährige Erstliga-Profi hielt die Norddeutschen nicht nur durch sein Ausgleichstor zum 1:1 gegen den haushohen Favoriten im Spiel, der 33-Jährige setzte auch im Elfmeterschießen den letzten entscheidenden Treffer.
„Wir haben immer daran geglaubt, dass wir die Riesen-Überraschung schaffen können. Auch wenn es immer wieder Phasen gab, in denen wir sehr tief standen“, sagte Bartels, der mit dem Coup gegen die Bayern auch seine persönliche Bilanz gegen den Rekordmeister ein wenig aufbesserte. Bislang standen zwölf Niederlagen in zwölf Spielen zu Buche – mit einer Tordifferenz von 4:43.
Vielleicht gibt es in der nächsten Saison ein Wiedersehen mit dem FCB, aktuell steht der KSV Holstein auf Relegationsplatz drei. „Wir wollen in der Liga was erreichen, ganz klar“, erklärte Werner. Am Sonntag steht für die Störche gegen den Karlsruher SC wieder der Liga-Alltag an. Werner: „Das wird eine Herausforderung für Kopf und Körper. Aber der Bayern-Sieg kann die Brust auch breiter werden lassen.“ sid