Weidle sucht den Gut-Schwung

von Redaktion

Die Schweizerin bringt nichts aus der Ruhe – Zweiter Super-G in Garmisch auf heute verschoben

VON ELISABETH SCHLAMMERL

München – Die Sehnsucht nach einer Pause, ein bisschen Freizeit zwischen den Rennen, die wächst, je länger der Winter dauert. Aber sie hängt auch davon ab, wie leicht, wie locker das Skirennfahren fällt. Lara Gut-Behrami kann wahrscheinlich bestens damit leben, statt schon am Sonntag erst heute nach Hause fahren zu dürfen, denn die Aussicht auf den nächsten Podestplatz ist gut. Die Schweizerin gewann am Samstag den ersten der beiden in Garmisch-Partenkirchen geplanten Super-G, erlebte aber gestern einen stressigen Tag mit Verschiebungen und schließlich der Absage des Rennens sowie der Neuansetzung für heute (10.50 Uhr). Aber sie verschwand trotzdem mit einem Lächeln von der Kandahar.

Gut-Behrami hat eben gerade ziemlich viel Spaß auf der Piste. „Skifahren ist Freiheit“, sagte sie. „Es gibt mir Ruhe.“ Das war anders in den vergangenen Jahren. Gepriesen als Wunderkind stand sie bereits mit 18 im Mittelpunkt. Sie war überfordert mit der Situation, später hat sie sich verbogen, verkrampft gelächelt, versucht Stärke zu demonstrieren, auch wenn es ihr schlecht ging, und zu wenig auf ihr Inneres gehört. Nun hat sie sich zurückgekämpft, die Leichtigkeit wiedergefunden. Dass sie bei den in einer Woche beginnenden Weltmeisterschaften in Cortina d’Ampezzo zu den Medaillenfavoritinnen gehört, nimmt sie gelassen hin. Früher hätte sie vor Großereignissen im „den Druck gefühlt, ich muss etwas gewinnen“, sagt sie. Dieses Mal sei das anders. „Jetzt weiß ich, dass ich eine Chance habe, etwas zu gewinnen.“

Vor allem im Super-G, da stand sie in den letzten drei Rennen ganz oben auf dem Podest. Insgesamt hat sie 15 Siege in dieser Disziplin geholt, mehr als jede aktive Skirennläuferin. Der Super-G, sagt sie, „war schon immer mein Ding“. Schon mit 18, anschließend fasste sie dann auch im Riesenslalom und in der Abfahrt Fuß. Diese Entwicklung ist fast ein bisschen anachronistisch, denn die meisten Athletinnen nähern sich dem Super-G erst im Laufe der Karriere an, entweder vom Riesenslalom aus – oder, wie Kira Weidle, von der Abfahrt. In der schnellsten Disziplin ist die 24 Jahre alte Starnbergerin bereits in der Weltklasse angekommen, sieht sich nach zwei fünften Platz auch gut vorbereitet für das Großereignis: „Die Abfahrtsform stimmt.“

Ganz anders als die im Super-G. Sie habe viel probiert in den vergangenen Wochen, sagte sie nach Platz 23 am Samstag. „Wir hatten auch schon ein, zwei Ansätze, aber es geht nicht von heute auf morgen. Vielleicht soll ich mal einen Schnaps am Start trinken.“ Während bei Gut-Behrami in allen Disziplinen ausgebildet wurde, fiel bei Weidle früh die Entscheidung, sich auf Abfahrt und Super-G zu spezialisieren – und das bedeutete eben auch, dass das Riesenslalom-Training etwas vernachlässigt wurde. Das wiederum fehlt ihr nun im Super-G. Denn das Kriterium, sagt der deutsche Alpinchef Wolfgang Maier, sei „das Gefühl für die engeren Radien“. Die Athletinnen haben weniger Zeit zwischen den Schwüngen als bei der Abfahrt, das Tempo ist aber kaum niedriger. Man müsse dynamischer fahren, sagt Maier. Und auch dynamischer, schneller denken. Das aber scheint Abfahrtsspezialistinnen manchmal nicht ganz leicht zu fallen. Als Beispiel nannte Maier die Amerikanerin Breezy Johnson, die in der schnellsten Disziplin in dieser Saison regelmäßig auf dem Podest steht, im ersten Super-G von Garmisch-Partenkirchen mit Platz 34 chancenlos war.

Weidle hat vor dieser Saison das Riesenslalom-Training forciert. „um die Technik ein bisschen zu festigen“. Im Training gelinge ihr dies schon, aber „in Stresssituationen“, also im Rennen, vergesse sie manche Dinge, gibt sie zu. Für Alpinchef Wolfgang Maier ist es deshalb eine Kopfsache. „Sie traut sich nicht zu, dass sie das Richtige macht“, sagt er. Im Gegensatz zu Gut-Behrami. Die weiß, dass sie im Moment fast nichts falsch machen kann.

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