Der Brasilianer, der die Bayern-Stars virtuell fit macht

von Redaktion

In Pandemie-Zeiten setzen viele Fußballprofis auf die Online-Trainings im Grünwalder Studio „Nou Performance“

München – Gesperrte Sportplätze, verriegelte Hallen und Fitnessstudios – der erste Lockdown im März 2020 erschwerte es nicht nur Hobbysportlern, sondern auch den Profis, sich körperlich fitzuhalten. Sogenannte Cyber- und Online-Trainings gehörten plötzlich für jeden Fußballclub auf die Tagesordnung. Für viele eine ungewohnte Situation. Nicht so für die Klienten von „Nou Performance“, einem Studio in Grünwald. Dort gehörte das Online-Training schon vor Beginn der Corona-Krise zum Standard und wurde seitdem weiter ausgebaut.

Vor der Pandemie betreuten die Fitnesstrainer 14 Fußballer. Mittlerweile sind es mehr als 40. Neben Deutschland spielen sie in Brasilien, Dubai, Spanien, Portugal, England, der Slowakei, Japan und Südkorea. „Unser Vorteil war, dass wir perfekt für diese Situation vorbereitet waren, als plötzlich alles geschlossen hat“, sagt Lucas Carvalho, einer der fünf Brasilianer, die das Studio betreiben. Tablet, Stativ und eine stabile Internetverbindung – schon kann das Online-Training beginnen, egal, wo sich der Gegenüber befindet. „Nur mit der Zeitverschiebung gab es schon das ein oder andere Missverständnis“, erzählt er schmunzelnd.

Die Einheiten finden für aktive Fußballer zusätzlich zum normalen Vereinstraining statt. „Der Fokus liegt auf der Prävention von Verletzungen“, sagt der Brasilianer. Douglas Costa, damals noch Spieler bei Schachtar Donezk, war der Erste, der mit Lucas Kruel, dem Inhaber von „Nou Performance“, zusammengearbeitet hat. Die beiden kennen sich seit 2004, als sie in Brasilien gegeneinander Futsal gespielt haben. Als Costa 2015 nach München wechselte, zog Kruel mit ihm um und Grünwald entwickelte sich zum Standort von „Nou Performance“. Als Klienten folgten: Rafinha, Thiago, Javi Martinez, Miroslav Klose und Ex-Löwe Simon Seferings. Ihre Trikots zieren neben vielen anderen die Wände des Trainingsraums. Außerdem gibt es an einer Wand eine große Zeichnung mit den Gesichtern und Jubelposen der Fußball-Stars.

Unter Beachtung der Trainingspläne der jeweiligen Vereine erstellen Carvalho und seine Kollegen für jeden Sportler einen Wochenplan. „Wichtiger als der Plan ist aber das Feedback der Spieler“, sagt der 32-Jährige. „Wenn sich einer müde fühlt, machen wir auch mal nur eine Stretching-Einheit.“ Die Fitnesstrainer legen viel Wert auf die Qualität, also eine saubere Ausführung, der Übungen. „Das ist wichtiger als die Höhe des Gewichts und die Anzahl der Wiederholungen“, sagt Carvalho, der in Brasilien Sportwissenschaft studiert hat.

Durch Fortbildungen, das Lesen von Büchern und Magazinen sowie den stetigen Austausch mit Experten haben er und seine Kollegen ihr Verständnis für Fitnesstraining und körperliche Fitness entwickelt. Einzeltraining ist Carvalho am liebsten, um die Ausführung besser korrigieren zu können. Aber auch Gruppentrainings für Amateurclubs und Firmen haben die Brasilianer schon angeboten. „Wichtig ist dann, die Übungen möglichst einfach zu halten.“ Viele Trainings werden ganz ohne Geräte gemacht. In Einzeltrainings verwenden die Coaches manchmal eine Faszienrolle, einen Gymnastikball oder den Schlingentrainer.

Dem Ansatz der brasilianischen Fitness-Crew spielte zudem der eng getaktete Spielplan in der von Corona durcheinandergewirbelten Fußball-Saison in die Karten. „Die Verletzungsprävention und das zusätzliche Einzeltraining haben noch einmal mehr an Bedeutung gewonnen“, sagt Carvalho. „Teilweise sind drei von uns gleichzeitig mit verschiedenen Spielern beschäftigt.“ Gecoacht wird dann auf Englisch, Spanisch oder Portugiesisch.

„Ganz verhindern lassen sich Verletzungen im Sport nie“, sagt Carvalho. Vor allem, wenn sie von einem Einfluss von außen wie einem Schlag oder Tritt provoziert werden. Die Gefahr für Muskelverletzungen könne man durch präventives Training aber minimieren. Daher reden die Fitnesstrainer mit den Spielern auch über eine gesunde Lebensweise mit einer ausgewogenen Ernährung und genug Schlaf. Das geht ebenfalls online und macht den Ansatz der brasilianischen Fitness-Crew krisensicher. Dennoch betont Carvalho: „Wir freuen uns natürlich trotzdem, wenn die Beschränkungen irgendwann aufgehoben werden und wir die Sportler wieder leibhaftig zu sehen bekommen.“ PHILLIP PLESCH

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