München – Patrick Hager hat ein erfolgreiches Wochenende hinter sich. Beim 4:3-Erfolg über Nürnberg traf der Kapitän des EHC Red Bull München selbst und bereitete zwei weitere Treffer vor. Nach dem Training nahm sich der 32-Jährige Zeit, um mit unserer Zeitung über leere Stadien, die Olympischen Spiele und defensive Probleme zu sprechen.
Herr Hager, nach acht Spielen ohne eigenen Treffer waren Sie gegen Nürnberg wieder erfolgreich. Eine Erlösung?
Als Stürmer willst du natürlich immer treffen. Da würde ich lügen, wenn ich was anderes sage. Aber vorne brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, da haben wir so viel Qualität. Das haben auch die letzten Jahre gezeigt, dass bei uns die Sturmreihen jederzeit heiß laufen können. Unsere große Aufgabe ist es jetzt, gegen die Scheibe besser zu arbeiten.
Ihre Mannschaft kassiert viele Gegentreffer. Woran liegt das?
Wir hatten viele Ausfälle in der Verteidigung, oft mussten Stürmer aushelfen. Das soll aber keine Ausrede sein. Wir haben noch Abstimmungsprobleme, das rächt sich bei unserem laufintensiven System. Insgesamt haben wir auch zu viele Konter zugelassen. Das wurde in der Mannschaft klar angesprochen: Wir dürfen nicht zu hungrig auf den eigenen Treffer sein, sondern müssen zunächst hinten disziplinierter und cleverer agieren.
Sind sie mit dem Saisonverlauf bislang also unzufrieden?
So schlecht stehen wir gar nicht in der Tabelle, mit fünf Punkten hinter Mannheim. Das ist aber natürlich nicht unser Anspruch in München, wir wollen immer oben stehen. Man spürt auch in der Kabine eine Unzufriedenheit. Jeder brennt darauf, es in den nächsten Spielen wieder besser zu machen.
Sie sprachen von Abstimmungsproblemen. Ist es für Sie als Kapitän aktuell schwieriger, Neuzugänge in die Mannschaft zu integrieren? Teamabende im Restaurant fallen ja weg…
Abstandsregeln und Mannschaftssport passen natürlich eigentlich überhaupt nicht zusammen. Das fängt schon in der Kabine an. Was macht eine Mannschaft denn aus? Ganz viel passiert abseits vom Eis. Zusammen gute Zeiten erleben, Spaß haben, die Gemeinschaft fördern. Oder nach einem schlechten Spiel mal zusammen rausgehen, das fällt natürlich alles weg.
Dennoch haben Sie das Privileg, dass Sie ihren Beruf ausüben können.
Eins ist klar: Wenn man nach rechts und links schaut, sind wir überhaupt nicht in der Position zu jammern. Wir haben die Möglichkeit unseren Sport nachzugehen, andere trifft es knüppelhart. Viele haben ihre wirtschaftliche Existenz verloren, bei Kindern und Amateursportler fällt der Freizeitausgleich weg. Wir sind dem Verein und der Liga sehr dankbar, dass der Rahmen geschaffen wurde.
Aktuell wird viel über die Austragung der Olympischen Spiele diskutiert. Sie waren 2018 dabei, welchen Stellenwert hat Olympia für einen Sportler?
Das ist natürlich ein einmaliges Erlebnis. Das Größte, was du erreichen kannst. Gerade für kleine Disziplinen, die vier Jahre auf diesen Moment hinarbeiten, ist es eine riesige Bühne. Sportarten, die sonst unter dem Radar laufen, stehen plötzlich im Rampenlicht. Deshalb wäre es natürlich wünschenswert, dass die Spiele stattfinden. Aber die Gesundheit und Sicherheit steht natürlich immer an erster Stelle. Und wenn uns die vergangenen Monate eins gelehrt haben, dann ist es, dass es keine Garantie gibt, wie die nächsten Wochen und Monate aussehen.
Wie gehen Sie mit dieser Ungewissheit um?
Wenn die Scheibe fällt und die Halle still ist, musst du da sein. Es gibt keine Unterstützung von den Rängen, die Mannschaft ist auf sich gestellt. Das ist aktuell die Kunst: Man muss sich emotional pushen, obwohl die Atmosphäre in den Stadien etwas anderes vermittelt.
Gewöhnt man sich also nicht an die Spiele ohne Fans?
Der Sport lebt von der Atmosphäre. Emotionale Spiele, die von den Zuschauern kreiert werden, gibt es aktuell halt nicht. Das wäre ein Traum, wenn wir schnell wieder vor vollen Rängen spielen. Aber: Wir müssen das Beste daraus machen. Wir nehmen jede Situation an versuchen am Schluss zu gewinnen.
Interview: Nico-Marius Schmitz