„Al-Ahly umgibt etwas Mystisches – wie Real“

von Redaktion

Bayerns Gegner aus Kairo ist die größte Mannschaft Afrikas, so ihr uruguayischer Ex-Trainer

München – Die Bayern treffen heute im Halbfinale der Club-WM auf Ägyptens Riesen Al-Ahly. Warum der Verein aus Kairo viel mehr als ein bloßer Fußballclub ist, erklärt sein uruguayischer Ex-Trainer Martín Lasarte (59), der auch den spanischen Erstligisten Real Sociedad betreute.

Herr Lasarte, Sie waren bis 2019 Cheftrainer bei Al Ahly Kairo. Auf was für eine Mannschaft trifft der FC Bayern?

Al-Ahly ist keine Mannschaft, vielmehr ein Lebensgefühl. Der größte Club Afrikas. Wenn im Fußball von großen Clubs die Rede ist, denken wir an Spanien, England oder Südamerika. Al-Ahly muss diese Vereine um nichts beneiden.

Ist Al-Ahly fußballerisch auf Augenhöhe mit Bayern?

Ich würde Bayern eine Stufe höher ansiedeln. Das heißt aber nicht, dass Al-Ahly Laufkundschaft ist. Zumal es ein K.o.-Spiel ist, in dem alles passieren kann. Al-Ahly hat auf jeden Fall das Zeug dazu, Bayern zu schlagen.

Gibt es einen Spieler, auf den die Münchner besonders Acht geben sollten?

Den einen Spieler gibt es nicht, Al-Ahly zeichnet sich durch die Gruppe aus. Mohamed Hany und Ali Maaloul sind die Außenverteidiger, beide schnell und mit Drang nach vorne. Im Tor steht Kapitän El Shenawy, seines Zeichens ägyptischer Nationaltorhüter. Auf der Sechs findet sich Hamdi Fathi, ein sehr robuster Spieler, der hinten aufräumt und vorne immer wieder dank seines Kopfballspiels gefährlich wird. Wenn ich einen hervorheben soll, dann Amr Soleya. Sorgt für Überraschungsmomente und ist immer für ein Tor gut.

42 Meisterschaften, 37 Pokalsiege, dazu neun CAF-Champions-League-Siege – woher rührt die Dominanz?

Schwer zu erklären. Es wäre falsch zu behaupten, dass die Gegner in Afrika nicht auf Augenhöhe sind. Ähnlich wie Real Madrid in Europa umgibt Al-Ahly in Afrika etwas Mystisches, das Gegner einschüchtert.

Vielleicht auch wegen der politischen Note des Vereins? Die Ultras gelten als treibende Kraft des Arabischen Frühlings.

In der Tat. Sie verstehen aber, dass es sich hierbei um ein Themenfeld handelt, in das ich mich ungern begeben will. Fakt ist, dass ich in Ägypten auf eine Art des Fandaseins gestoßen bin, das ich sonst nur aus Südamerika kannte. Nacional gegen Peñarol in Uruguay, Flamengo gegen Flumimense in Brasilien, Boca gegen River in Argentinien – das sind Spiele, in denen es um mehr geht als simple Rivalität. Und jetzt weiß ich aus erster Hand, dass es in Ägypten bei Al-Ahly gegen Zamalek, dem Kairoer Derby, nicht anders ist.

Eine Partie, die dem europäischen Normalfan kein Begriff sein dürfte.

Dass der ägyptische und afrikanische Fußball Entwicklungsbedarf haben, steht außer Frage. Aber diese Entwicklung findet statt. Dafür stehen die großartigen ägyptischen Fußballer, die wie Liverpools Mohamed Salah in Europa Fuß gefasst haben. Die Europäer tun gut daran, der Club-WM eine angemessene Bedeutung zukommen zu lassen. Für Al-Ahly ist die Partie gegen Bayern ein einmaliges Ereignis – für die Münchner sollte es nicht anders sein. Immerhin spielen sie gegen die größte Mannschaft Afrikas.

Interview: J. Carlos Menzel López

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