FC Bayern in der Flugaffäre

Von Demut nichts zu spüren

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Deutschland ist bunt und wandelbar. Wir waren schon 82 Millionen Bundestrainer, vergangenes Jahr 82 Millionen Virologen, am Wochenende dann 82 Millionen Fluglotsen. . . Klar, maßlos übertrieben: Aber es wurde schon sehr beherzt und kontrovers diskutiert, ob die Deutsche Flugsicherung am Airport Berlin-Brandenburg die Maschine mit den Bayern auch ein paar Momente nach Inkrafttreten des Nachtflugverbots noch hätte durchwinken sollen, damit die Spieler stressreduziert nach Doha zur sogenannten FIFA-Club-WM kommen.

Wie immer bei einem Streitfall: Jeder hat seine Argumente. Und von den Bayern ist man gewohnt, dass sie ihre mit Nachdruck vertreten. Das ist okay so, Bemerkungen von Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß tragen zum Unterhaltungswert des Produkts Fußball bei. Allerdings: Wir befinden uns nicht in normal sorglosen Zeiten. Sondern inmitten einer Ausnahmesituation, die von jedem Mäßigung und Gespür verlangt. Und da muss man feststellen: Das lassen die Bayern hier vermissen.

Der Mannschaft wurde, um Rummenigges Begrifflichkeit aufzugreifen, nichts „angetan“. Die Unannehmlichkeit besteht in einem leicht durcheinandergeratenen Biorhythmus. Ihren Schlaf aber haben die Spieler gehabt, die „Qsuite“ ihres Carriers Qatar Airways bietet Hotelkomfort. Den „Skandal ohne Ende“ (Hoeneß) kann man nicht erkennen. Auch hinter einem strikt eingehaltenen Nachtflugverbot stehen Interessen. Wer in Flughafennähe lebt, wird ihre Berechtigung kennen.

Was sicher nicht bestand: So etwas wie das nationale Interesse, das Rummenigge reklamiert. Die Club-WM hat keinen außerordentlichen sportlichen Wert, die etablierten TV-Anstalten, die sich sonst auf jedes Recht stürzen, nehmen Abstand von einer Übertragung, die Veranstaltung ist nur im von Uli Hoeneß geschmähten Internet zu sehen. Im Rundfunkstaatsvertrag steht nichts von der Klub-WM als schützenswertem Gut.

Und zu hinterfragen ist, ob dieses Um-die-Welt-Tingeln in eine Pandemie passt. Der Fußball darf sich schon genug herausnehmen. Er spricht von Demut, doch er lebt sie nicht. Das bezieht sich nicht nur auf die Bayern, sondern auch auf Jürgen Klopp und sein Unverständnis, dass in der Champions League seinem FC Liverpool nicht eine Ausnahme-Einreisegenehmigung nach Deutschland erteilt wird.

Antwort: Weil Regeln auch für den Fußball gelten.

Guenter.Klein@ovb.net

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