Baumanns Silber hilft auch Dreßen

von Redaktion

Vor WM-Abfahrt am Sonntag: Erfolg des Teamgefährten nimmt Fokus ein wenig vom Mittenwalder

Cortina d’Ampezzo – Draußen im Hotel Mirage hatten sie in aller Eile einen kleinen Sektempfang organisiert. Romed Baumann hat kurz angestoßen mit den Trainern, Betreuern und Teamkollegen, aber so richtig Zeit zum Genießen fand der frischgekürte Silbermedaillengewinner im Super-G noch nicht. Die Momente, sagt er, „sind gespeichert“. Schnell stellte sich die übliche Routine wieder ein. „Wir haben ja ein strenges Programm“, sagte Baumann. Am Freitag ging es gleich weiter mit dem ersten Training für die Abfahrt bei der Ski-WM in Cortina d’Ampezzo. Er sei zwar „ein bisschen schwerer aus dem Bett gekommen“ als sonst, gibt er zu, aber bestens erholt. „Ich habe sehr gut geschlafen.“

Wäre nicht diese Medaille am Donnerstag gewesen, hätte die Bühne beim Training alleine dem Kollegen Thomas Dreßen gehört. Der 27-Jährige vom SC Mittenwald war bis dahin trotz seiner Verletzungspause – und obwohl erst nach dem zweiten Training über seinen Start am Sonntag entschieden wird – eigentlich der aussichtsreichste Kandidat für Edelmetall bei den deutschen Schnellfahrern gewesen. Baumann hat den Fokus nun ein wenig von dem fünffachen Abfahrtssieger genommen – und sich selbst in eine Mitfavoritenrolle gehievt.

Für Dreßen ging es bei seinem ersten Auftritt in Cortina nicht darum, möglichst weit vorne im Training zu landen, sondern darum ob das Knie, das seit seiner schwerer Verletzung 2018 immer wieder einmal zwickt, mitmacht – und ob er bereit fürs Risiko sein würde, „dass ich bestimme, was da runter passiert und nicht der Berg“. Bei seinem ersten Auftritt in Cortina am Freitag habe er jedenfalls nichts „vom Knie gemerkt“, und es sei ihm „ganz gut gelungen“, umzusetzen, was er sich vorgenommen habe, findet er, „auch wenn es auf dem Video nicht so ausschaut.“

Genau genommen sah es bei keinem Athleten gut aus. Denn um das Tempo vor dem Vertigine-Sprung zu drosseln, haben die Kurssetzer ein paar „U-Hackerl“, wie es Baumann ausdrückte, ein paar stark drehende Kurven eingebaut. Ein Tor war noch dazu nur mit einem Bremsschwung regelkonform zu passieren. Viele Athleten scheiterten daran, darunter die beiden Abfahrer mit der schnellsten Zeit, Dominik Paris aus Italien und der Schongauer Simon Jocher.

Entsprechend harsch fiel anschließend die Kritik aus. „Solche Spitzkehren bin ich in der Abfahrt, glaube ich, noch nie gefahren“, sagte Paris. Der Schweizer Beat Feuz fand, dass die Strecke nicht für eine Abfahrt geeignet sei. Und der Österreicher Max Franz nannte die Anfahrt auf den Sprung im Fernsehen „ein Gewürge“. Dreßen zeigte dagegen Verständnis: „Ich glaube, es war für heute ganz gut, dass sie es eingebremst haben.“ Er hoffe aber auch, „dass die Kurssetzung noch ein bisschen offener wird“.

Die erste Medaille eines deutschen Schnellfahrers seit Florian Eckerts Abfahrts-Bronze vor 20 Jahren mag wie eine kleine Befreiung für die Trainer, die Verantwortlichen sein, aber „für mich persönlich hat der Erfolg vom Romed keinen so großen Stellenwert“, sagt Dreßen. Für seine eigene Ambitionen, meint er. Wie er sich aber mit Baumann gefreut hat, ist auf einem Video-Post auf Insta-gram zu sehen. Er sei „fast ein bisschen emotional“ gewesen, erzählt Dreßen, als er den Kollegen, der auch ein guter Freund ist, bei der Rückkehr ins Hotel gesehen habe.

Es sagt viel über das deutsche Teamgefüge aus, gönnen zu können, ohne die eigenen Ambitionen aus den Augen zu verlieren. Man könne jetzt als Mannschaft „locker auffahren, auch wenn ich gerne noch ein besseres Ergebnis mitnehmen würde“, fasste es Andreas Sander zusammen. Eine Medaille am besten, denn „jeder weiß, dass bei einer WM nur die ersten drei Plätze zählen“, sagt Dreßen.

Artikel 1 von 11